Dänemark ist für die meisten Reisenden ein Städtetrip nach Kopenhagen, vielleicht noch ein Abstecher zum "Hamlet-Schloss" Helsinger auf Seeland und ins Legoland bei Billund auf Jütland. Strandfreaks fahren nach Skagen hoch im Norden und der eine oder andere wird sich vielleicht auch noch in die Stadt von Hans-Christian Andersen Odense auf Fünen verirren. Sonst sind die Dänen mit ein paar Nachbarn aus Schweden, Norwegen und Deutschland meist unter sich.

Auch auf Schloss Egeskov im Süden der Insel Fünen, wobei selbst der "Lonely Planet" vermerkt: Einen Tag auf Egeskov sollte bei einem Dänemark-Besuch "unbedingt auf dem Programm stehen." Hier findet auch Dänemarks bemerkenswertestes Festival statt: Das Heartland-Festival ist ein Festival mehrerer Genres: Musik, Literatur und Kulinarik.

Das Renaissance-Schloss ist in Privatbesitz. Schlossherr Michael Ahlefeldt-Laurvig-Bille wohnt auch hier. Die Grafenfamilie hat aber, um das rund 15 Hektar große Anwesen zu erhalten, die Anlage für das Publikum gegen einen Eintritt von rund 28 Euro (Erwachsenenpreis) geöffnet. Man besichtigt ein Gesamtkunstwerk: Neben dem Schloss gibt es eine gewaltige Parkanlage, eine Oldtimersammlung, ein Spielzeugmuseum und für Kinder und Jugendliche auch Spielplatz und Hochseilgarten. Mit Gastronomie, Gewächshaus und Gärtnerei, wo man auch Setzlinge kaufen kann, ist ein Freizeitpark entstanden, der einen ganzen Tag erfordert. Über 200.000 Besucher und Besucherinnen kommen jährlich nach Egeskov Slot. (Thomas Neuhold, 26.7.2018)

Zuerst einmal ist Egeskov ein historisch wertvoller Bau. Egeskov gehört zu den wichtigsten Renaissance-Schlössern Europas und braucht keinen Vergleich mit einem der großen Loire-Schlösser scheuen. Dass die Anlage durchaus auch wehrhaften Charakter hat, ist kein Stilmittel. sondern war beabsichtigt: Wiederholt mussten sich die Grafen vor aufgebrachten Bauern hinter den Mauern verschanzen, weil die Bauern geraubtes Land und Ernte zurückforderten.

foto: thomas neuhold

Die Dimensionen von Egeskov sind beeindruckend. Für Besucher und Besucherinnen stehen zwölf Zimmer offen – darunter auch die historische Kleiderkammer. Im Dachboden findet sich ein Spielzeugmuseum. Das Wasserschloss aus der Mitte des 16. Jahrhunderts steht auf einem Fundament von zig-tausenden Eichenstämmen. Daher auch der Name: "Egeskov" bedeutet Eichenwald. Dazu gibt es – eh klar, wir sind ja schließlich auf einem Schloss – auch gleich eine Legende: Am Dachboden liegt eine alte Holzpuppe; diese darf nie entfernt werden, weil sonst das ganze Schloss am Weihnachtsabend im Moor versinkt.

foto: thomas neuhold

Vor einer Schlossbesichtigung geht es aber erst einmal durch den historischen Garten: Labyrinthe finden sich hier ebenso wie der englische Park im Bild, oder...

foto: thomas neuhold

...der "weiße Garten", in dem nur weiß blühende Pflanzen wachsen.

foto: thomas neuhold

Das Juwel der Gräfin ist der Rosengarten. Dieser ist, wie übrigens fast das ganze Gelände frei betretbar. Das ist auch der Disziplin der Besucher und Besucherinnen zu verdanken – achtlos weggeworfenen Müll oder ausgetretene Abschneider über die Wiesen findet man hier nicht.

foto: thomas neuhold

Aus dem Kräutergarten, mit angeschlossenem historischen Hof, wird die Gastronomie von Egeskov versorgt. Setzlinge können beim dem Schlosspark angeschlossenen Glashaus und der Schloss-Gärtnerei erworben werden.

foto: thomas neuhold

Quer durch die gesamte Parkanlage hat Schlossbesitzer Michael Ahlefeldt-Laurvig-Bille eine Skulpturensammlung zusammengetragen. Im Bild ein Kunstwerk des dänischen Bildhauers Keld Moseholm.

foto: thomas neuhold

Im Inneren wird die Sammelleidenschaft der Grafenfamilie deutlich. Jagdtrophäen, altes Geschirr, Möbel, alte Öfen, Grammophone und viele weitere Details sind zu sehen.

foto: thomas neuhold

Eine der Hauptattraktionen ist der Titanias-Palast. Das Puppenhaus wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von einem englischen Offizier für seine Tochter in Auftrag gegeben. 15 Jahre dauerte der Bau des Kunstwerkes, das schließlich 1922 von der Gattin des englischen Königs eröffnet wurde. 1978 wurde der Puppenpalast von Legoland ersteigert, restauriert und ist seither als Leihgabe auf Egeskov zu bewundern.

foto: thomas neuhold

Wertvolle Schätze hat auch die historische Kleiderkammer zu bieten. Im Bild die vermutlich einzigen erhaltenen Teile eines Kleides der 1793 hingerichteten französischen Königin Marie Antoinette.

foto: thomas neuhold

Am Dachboden hat sich eine Spielzeugsammlung mit Holzspielzeug aus den ersten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts breit gemacht. Modelleisenbahnfreunde werden auch ihre Freude haben: Es gibt eine Modelleisenbahn aus dem frühen 20. Jahrhundert zu bestaunen.

foto: thomas neuhold

In den ehemaligen Stallungen kommen dann die Benzinbrüder auf ihre Kosten – die Oldtimersammlung wird ergänzt durch antik anmutende Wohnmobile und Wohnwagengespanne,...

foto: thomas neuhold

...garniert mit dutzenden alten Motorrädern und mopedähnlichen Gefährten.

foto: thomas neuhold

Für die Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren hier noch ein Extratipp für den nächsten "Betriebsausflug": Eine eigene Ausstellung in Egeskov dokumentiert die Entwicklung der privaten dänischen Feuerwehr- und Rettungsorganisation Falck. Sehenswerte Exponate für alle Blaulichtfans.

foto: thomas neuhold

Zum Schluss noch ein Bild von außerhalb der Schlossanlage: Das restaurierte Bauernhaus vor den Parktoren gehört zum Campingplatz beim Schloss. Wer mit dem Zelt kommt, kann hier zwei Nächte gratis übernachten – Waschanlagen, Toiletten,... inklusive. Wohnmobile sind allerdings nicht erlaubt. Die Anreise ist unkompliziert: Mit dem Pkw sind es beispielsweise von der Fünen-Hauptstadt Odense über die Autobahn und dann nach Kværndrup gerade einmal 30 Kilometer. Aber auch mit dem Bus ist Egeskov gut erreichbar: Linie 920 von Nyborg (Brücke nach Seeland) oder Faborg (Fährhafen). (Thomas Neuhold, 26.7.2018)

foto: thomas neuhold