Bild nicht mehr verfügbar.

DFB-Präsident Reinhard Grindel: "Die persönliche Kritik hat mich getroffen."

Foto: AP/Probst

Frankfurt am Main – Reinhard Grindel, der Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB), hat die vom zurückgetretenen DFB-Teamspieler Mesut Özil erhobenen Rassismusvorwürfe gegen den Verband zurückgewiesen. Sportminister Horst Seehofer (CSU) stärkt hingegen dem Fußballer den Rücken.

Grindel äußerte sich am Donnerstag schriftlich auf der Website des Verbandes, nachdem Özil bei seiner Rücktrittserklärung am Sonntag schwere Vorwürfe gegen den 56-Jährigen erhoben hatte.

Der Arsenal-Legionär, der 2014 mit Deutschland Weltmeister geworden war, hatte ihm "Inkompetenz" und "Unfähigkeit" vorgeworfen. Dazu sagte Özil: "In den Augen von Grindel und seinen Helfern bin ich Deutscher, wenn wir gewinnen, und ein Immigrant, wenn wir verlieren (...) Leute mit rassistisch diskriminierendem Hintergrund sollten nicht länger im größten Fußballverband der Welt arbeiten dürfen, der viele Spieler aus Familien verschiedener Herkunft hat."

Nicht vor Debatte zurückscheuen

Die Rücktrittserklärung von Özil hatte deshalb "eine Debatte über Rassismus im Allgemeinen und die Integrationsfähigkeit des Fußballs im Besonderen ausgelöst. Ich will mich als DFB-Präsident dieser Debatte nicht entziehen", schrieb Grindel in der Einleitung seiner Stellungnahme.

Es tue ihm für seine Kollegen, die vielen Ehrenamtlichen an der Basis und die Mitarbeiter im DFB leid, im Zusammenhang mit Rassismus genannt zu werden, erklärte der DFB-Chef. "Für den Verband und auch für mich persönlich weise ich dies entschieden zurück", hielt Grindel fest. "Die Werte des DFB sind auch meine Werte. Vielfalt, Solidarität, Antidiskriminierung und Integration, das alles sind Werte und Überzeugungen, die mir sehr am Herzen liegen." Die persönliche Kritik habe ihn "getroffen".

Deutschland vs. Türkei

In Bezug auf die Aufarbeitung der Affäre um die Fotos von Özil und İlkay Gündoğan mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan räumte Grindel Fehler ein. "Wir leben unsere Werte. Deshalb haben wir als DFB das Foto mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdoğan kritisch hinterfragt. Ich bedauere es sehr, dass dies für rassistische Parolen missbraucht wurde", schrieb Grindel.

"Rückblickend hätte ich als Präsident unmissverständlich sagen sollen, was für mich als Person und für uns alle als Verband selbstverständlich ist: Jegliche Form rassistischer Anfeindungen ist unerträglich, nicht hinnehmbar und nicht tolerierbar. Das galt im Fall Jerome Boateng, das gilt für Mesut Özil, das gilt auch für alle Spieler an der Basis, die einen Migrationshintergrund haben."

Seehofer: "Özil ist einer von uns"

Der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) hat sich unterdessen solidarisch mit dem Fußballspieler Mesut Özil gezeigt. "Özil gehört selbstverständlich zu Deutschland, er ist einer von uns", sagte der auch für Sport zuständige Minister der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag). Der Fall sei kein Beispiel dafür, dass Integration im Sport oder generell gescheitert sei.

Seehofer hatte im März zum Start der Großen Koalition mit der Einschätzung, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, für heftige Debatten gesorgt. Zugleich hatte der CSU-Chef erklärt: "Die bei uns lebenden Muslime gehören aber selbstverständlich zu Deutschland".

Drei Grindel-Ziele

Grindel kündigte außerdem an, dass es jetzt für den DFB darum gehe, "drei zentrale Themenfelder anzugehen": erstens "die laufende Debatte zum Thema Integration und dem veränderten Resonanzboden für dieses Thema in unserer Gesellschaft". Diese müsse zum Anlass genommen werden, "unsere Arbeit in diesem Bereich weiterzuentwickeln und zu fragen, wo und wie wir neue Impulse setzen können". Zweitens müssten aus dem enttäuschenden WM-Verlauf mit dem erstmaligen Ausscheiden in der Gruppenphase "die richtigen Schlüsse gezogen werden, um wieder begeisternden, erfolgreichen Fußball zu spielen". Und drittens gehe es für den DFB darum, "den Zuschlag für die Ausrichtung der EM 2024 zu bekommen". Einziger Gegenkandidat von Deutschland ist dabei die Türkei. (APA, 26.7.2018)