Garching – Das Zentrum der Milchstraße beherbergt ein supermassereiches schwarzes Loch. Dieses Schwerkraftmonster, dessen Masse mehr als vier Millionen mal so groß ist wie die unserer Sonne, ist von einer kleinen Gruppe von Sternen umgeben, die mit hoher Geschwindigkeit ihre Bahnen ziehen. Das macht diese Region besonders interessant, um die Physik der Schwerkraft zu erforschen. Genau dort konnten Wissenschafter nun eine weitere Bestätigung für Albert Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie finden: Erstmals konnten sie die sogenannte Gravitations-Rotverschiebung nachweisen.

Illustration der Wanderung des Sterns S2 nahe dem Schwarzen Loch im galaktischen Zentrum. Deutlich zu sehen ist die durch das extrem starke Schwerefeld verursachte Gravitations-Rotverschiebung.
Illustration: ESO/M. Kornmesse

Gedehntes Sternenlicht

Mithilfe des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (Eso) in Chile haben die Astronomen um Reinhard Genzel vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching die Bewegung eines Sterns durch das extreme Anziehungsfeld des supermassiven Schwarzen Lochs untersucht. Das Ergebnis, dass die Wissenschafter nun im Fachblatt "Astronomy & Astrophysics" vorlegen, ist der Höhepunkt einer 26 Jahre langen Serie von immer präziseren Beobachtungen durch Eso-Instrumente.

Tanz um das Schwarze Loch.
European Southern Observatory (ESO)

Infrarotbeobachtungen der extrem empfindlichen Instrumente Gravity, Naco und Sinfoni am Very Large Telescope erlaubten es im Mai 2018, einen Stern namens S2 bei seinem dichten Vorbeiflug am Schwarzen Loch zu beobachten. Eine Kombination von Positions- und Geschwindigkeitsmessungen zeigen deutlich einen Effekt, den die Wissenschaft "gravitative Rotverschiebung" nennt: Das Licht des Sterns wird durch das sehr starke Schwerkraftfeld des Schwarzen Lochs zu einer größeren Wellenlänge gedehnt. Die Dehnung der Wellenlänge des Lichts von S2 entspricht genau dem, was Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie voraussagt.

Drei Prozent der Lichtgeschwindigkeit

Es ist das erste Mal, dass dies bei der Bewegung eines Sterns um ein Schwarzes Loch beobachtet wurde. Der Stern hatte bei den Messungen eine Geschwindigkeit von über 25 Millionen Kilometern pro Stunde, was etwa drei Prozent der Lichtgeschwindigkeit entspricht. Er befindet sich weniger als 20 Milliarden Kilometer vom Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße entfernt. "Wir haben jetzt zum zweiten Mal den dichten Vorbeiflug von S2 um das Schwarze Loch im galaktischen Zentrum beobachtet", sagte Studienleiter Reinhard Genzel. "Dieses Mal konnten wir den Stern aber wegen unserer stark verbesserten Instrumente mit beispielloser Auflösung beobachten."

Animation des Orbits von S2.
European Southern Observatory (ESO)

Gravity produziert Bilder von solcher Schärfe, dass es die Bewegung des Sterns von Nacht zu Nacht sichbar machen kann, wenn er in der Nähe des Schwarzen Lochs – 26.000 Lichtjahre von der Erde entfernt – vobeizieht. "Während des dichten Vorbeifluges gelang es uns nicht nur, dem Stern genau auf seinem Orbit zu folgen. Wir konnten auch den schwachen Lichtschein rund um das Schwarze Loch erkennen", sagte Co-Autor Frank Eisenhauer.

Mehr als hundert Jahre, nachdem er seinen Artikel mit den Gleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie veröffentlicht hat, wurde Einstein einmal mehr bestätigt – in einem viel extremeren Labor, als er es sich vorstellen konnte. Die Forscher hoffen, dass weitere Messungen schon bald auch noch einen anderen relativistischen Effekt zeigen werden: eine kleine Rotation der Umlaufbahn des Sterns, bekannt als Schwarzschild-Präzession – wenn sich S2 vom Schwarzen Loch entfernt. (red, 30.7.2018)