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Brasilien gehört zu den größten Sojaexporteuren. Durch die chinesischen Zölle auf US-Soja könnten künftig mehr Bohnen von Brasilien nach China verkauft werden.

Foto: AP / Maurilio Cheli

Die Bilder machen nicht unbedingt Appetit: ein Schwein neben dem anderen, an den Beinen aufgehängt, in automatisierter Maschinenarbeit in Einzelteile zerlegt. Die Fleischproduktion in Europa ist längst in der Hochtechnologisierung angekommen. Abhängig ist man jedoch nach wie vor von einem einfachen Produkt: Soja, als vergleichsweise billiges Kraftfutter für die Tiere.

Zwar werden in Österreich und anderen EU-Ländern Sojabohnen angebaut, allerdings weit weniger, als für die Fleischproduktion benötigt wird: Nur rund drei Prozent des EU-weiten Bedarfs können damit abgedeckt werden, die restlichen 35 Millionen Tonnen müssen aus anderen Erdteilen importiert werden. Insgesamt ist die EU damit nach China der zweitgrößte Sojaimporteur der Welt.

Entschädigung für Sojabauern

Größter Exporteur von Sojabohnen nach Europa ist bereits seit einigen Jahren Brasilien. Rund 28 Millionen Tonnen Sojabohnen werden von dem Land jedes Jahr nach Europa verschifft. Die USA exportierten mit 6,5 Millionen Tonnen und elf Prozent ihres gesamten Sojabohnenexports vergleichsweise weniger nach Europa.

Präsident Donald Trump will das nun ändern und handelte mit der EU aus, dass diese mehr amerikanische Sojabohnen kaufen soll. Trump will damit die US-Sojabauern entschädigen, welche nach den von China verhängten Zöllen auf US-Sojabohnen bereits aufstöhnten und für Trump eine wichtige Wählerschicht darstellen. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will damit den drohenden Handelskonflikt entschärfen.

Sojamarkt bereits im Umbruch

Im Moment weiß zwar noch niemand, wie beide sicherstellen wollen, dass die EU ihre Zusage auch tatsächlich einhält, die Entscheidung könnte jedoch ohnehin dem Sojamarkt zufallen: Denn dieser ist seit dem Krach zwischen den USA und China bereits im Umbruch. Schlüsselspieler ist Brasilien: Denn neben der EU versorgt das Land noch den weitaus größeren chinesischen Markt mit Sojabohnen. Weil die chinesischen Fleischproduzenten derzeit aufgrund der teureren amerikanischen Bohnen stärkeren Bedarf an brasilianischem Soja haben, könnte laut Analysten künftig mehr Soja nach China verkauft werden.

Für die amerikanischen Sojabauern bedeutet das weniger Wettbewerb in Europa, womit die EU zum attraktiveren Sojaimporteur aufsteigen könnte. Schon im vergangenen Monat sagte Rabobank International voraus, dass die USA für die EU zum größten Verkäufer von Sojabohnen aufsteigen könnten.

Für Trump bedeutet das, dass er womöglich nicht viel tun muss, seine Ankündigung wahr werden zu lassen. Auch die Gunst der Sojabauern hätte er sich gesichert – sofern sie ihm das Spiel abkaufen.

Bisher kaum US-Flüssiggas

Neben Sojabohnen soll die EU künftig auch mehr Flüssiggas aus den USA kaufen. Bei der Herkunft des von der EU konsumierten Gases kommen die USA bisher kaum vor, stattdessen dominieren Russland und Norwegen den Markt. Russland sorgt für 43 Prozent der Importe, neue Pipelines sollen die Einfuhren zumindest stabil halten. Die Alternative Flüssiggas (LNG für Liquefied Natural Gas) konnte sich bisher nicht so richtig durchsetzen. Das will der große Produzent USA ändern. Doch bisher gelang das nicht. Mit zwölf Prozent der europäischen Einfuhren ist der Anteil von LNG zwar nicht gerade vernachlässigbar, doch der amerikanische Anteil ist bescheiden.

Das liegt unter anderem an den zu hohen Preisen für den Energieträger, die wiederum mit dem hohen Logistikaufwand zusammenhängen. LNG wird durch Abkühlung auf minus 160 Grad auf rund ein Sechshundertstel des normalen Gasvolumens komprimiert. In verflüssigter Form kann Gas dann in besonderen Behältern per Schiff oder Schiene transportiert werden. Als Vorteil gilt dabei vor allem die Unabhängigkeit von geopolitisch heiklen Pipelines, als Nachteil der Umwelt- und Klimaschaden bei der Herstellung. Derzeit sind große LNG-Anlagen wie jene in Rotterdam wirtschaftlich wegen geringer Auslastung ein Desaster. Die Eigentümer – darunter die OMV – mussten das Investment um viele hundert Millionen Euro abschreiben.

Steigender Gasbedarf

Ist das Flüssiggasgeschäft in Europa also an sich schon ein lahmendes, gilt das für US-Einfuhren in besonderem Ausmaß. Lediglich 1,7 Prozent des von der EU bezogenen Flüssiggases kommen aus den Vereinigten Staaten. Das soll sich ändern, und es gibt auch gute Gründe dafür, vor allem den steigenden Gasbedarf. Neben wirtschaftlichen wären da freilich auch politische Argumente. Polen und die baltischen Länder beispielsweise legen Wert auf mehr Unabhängigkeit von russischem Gas. Die Annexion der Krim durch den Kreml hat die Verbindungen der Nato-Länder zu Washington gestärkt. In Świnoujście verfügt Polen über einen LNG-Terminal, der nicht rein zufällig immer stärker mit dem umstrittenen Frackinggas versorgt wird.

Vor dem Hintergrund der Geschäftspotenziale ist auch der Widerstand der USA gegen den geplanten Bau der zweiten Pipeline-Röhre Nordstream II von Russland durch die Ostsee nach Deutschland zu sehen. Mehr russisches Gas reduziert die Marktchancen für US-Anbieter. Berlin fährt dabei zweigleisig. Russisches Gas ist hoch im Kurs. Doch jetzt soll auch in Brunsbüttel nördlich von Hamburg trotz der bestehenden Überkapazitäten in Europa ein LNG-Terminal entstehen. Das dürfte Trump gefallen. (Jakob Pallinger, Andreas Schnauder, 26.7.2018)