Washington/Wien – Die von US-Präsident Donald Trump angedrohten Abgaben auf Importautos aus Europa sind vorerst einmal vom Tisch. Solange die Regierung in Washington und die EU-Kommission miteinander reden, wollen sie von neuen Zöllen absehen. Das US-Handelsministerium wurde jedoch angewiesen, die Prüfung von Autozöllen zunächst fortzusetzen. Derzeit solle aber nichts umgesetzt werden, sagte Handelsminister Wilbur Ross.

Die EU-Seite geht davon aus, dass die Autozölle auf jeden Fall bis Ende November vom Tisch sind. Ein EU-Vertreter sagte in Brüssel, beide Seiten hätten sich auf eine Frist von 120 Tagen verständigt, damit Experten Verhandlungsgebiete genauer ausloten könnten. Trump habe zugestimmt, dass in diesen 120 Tagen keine Autozölle verhängt würden. Sollte es dann weitere detaillierte Handelsgespräche geben, gelte dies auch danach.

Die ganz große Euphorie bricht angesichts des unberechenbar bleibenden US-Präsidenten nicht aus. Bei den Autobauern herrscht aber zumindest vorsichtiger Optimismus.

Großer Schritt nach vorn

"Dieses Signal der Deeskalation ist wichtig und nach den Entwicklungen der vergangenen Wochen ein großer Schritt nach vorn", heißt es beim deutschen Branchenverband VDA. Die Herstellervertreter sehen "eine reale Chance, zusätzliche Zölle oder gar einen Handelskrieg zwischen den USA und der EU zu verhindern". Nun gelte es, die Verständigung mit Leben zu füllen und rasch Verhandlungen aufzunehmen. Dass es so kommt, ist nicht gewiss. So bleibt auch eine gehörige Portion Skepsis.

Die Nachrichtenlage zur Handelspolitik habe sich in der Vergangenheit häufiger geändert, sodass es nicht sicher sei, ob es zu der angekündigten Einigung komme, sagt etwa Daimler-Chef Dieter Zetsche. Zuletzt habe man die Einführung der höheren Zölle für sehr wahrscheinlich gehalten, aber "wenn die weitere Entwicklung dem folgen wird, was in dieser kurz anberaumten Pressekonferenz erläutert wurde, dann ist das ohne Zweifel eine sehr erfreuliche Nachricht".

Daimler-Gewinn gesunken

Daimler hat allen Grund zur Sorge. Der Gewinn ist im zweiten Quartal kräftig geschmolzen. Ein Grund waren schon jetzt unter anderem die Zölle, weitere Unbill aus dieser Richtung kann der Autobauer ganz und gar nicht brauchen. Die Zollsenkung am wichtigsten Einzelmarkt China gegenüber Europa ab Juli sorgte seit ihrer Bekanntgabe im Mai dafür, dass sich die Kunden zurückhielten oder schon niedrigere Preise verlangten. Die Umsatzrendite brach auf 8,4 Prozent ein – gegenüber zehn Prozent vor Jahresfrist.

Ab Juli greift dann die Zollerhöhung Chinas auf Importe aus den USA auf 40 Prozent, das verteuert die in Amerika gebauten und nach China gelieferten Mercedes-SUVs und war ein wesentlicher Grund für die Gewinnwarnung vor einem Monat. Auch BMW liefert SUVs aus den USA nach China und musste bereits die schon eingeführten Autozölle zwischen den USA und China wegstecken.

Der Handelsstreit schlägt aber auch anderen Autobauern schwer aufs Gemüt. Neben Fiat Chrysler hat auch der größte US-Autobauer General Motors (GM) seine Jahresprognose zurückgenommen. GM begründete dies unter anderem mit den höheren Rohstoffkosten. Die USA haben bekanntlich auf Aluminium und Stahl aus der EU und China bereits Zölle eingeführt.

Dies- und jenseits des Atlantiks werden in den kommenden Wochen wohl noch viele Szenarien durchgespielt. Einen Plan B haben viele Hersteller auch schon geschmiedet. (Reuters, rebu, 26.7.2018)