Am Welt-Hepatitis-Tag an die Leber und ihre Erkrankungen denken: Millionen Menschen haben Hepatitis B. Die Infektion kann unbehandelt zu Leberzirrhose führen.

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Mehr als 290 Millionen Menschen weltweit leiden an einer HBV-Infektion, einer viralen Infektion, die die Leber angreift und sowohl eine akute als auch eine chronische Erkrankung auslösen kann. Im vergangenen Jahr hat die Erkrankung beinahe 900.000 Menschen das Leben gekostet. Es gibt eine sichere und wirksame Impfung gegen HBV, und ihre durchgängige Verfügbarkeit ist entscheidend, um die HBV-Infektion auf Dauer als Gefahr für die öffentliche Gesundheit zu eliminieren.

Leider hilft sie den Millionen bereits Infizierten nicht. Deshalb ist eine Behandlung der chronisch Infizierten erforderlich, aber derzeit haben nur fünf Prozent der 94 Millionen Patienten Zugang zu der Behandlung. Die Mitglieder der Internationalen Koalition zur Eliminierung der Hepatitis B (ICE-HBV) haben einen Kommentar im Fachjournal "Nature Reviews Gastroenterology & Hepatology" veröffentlicht, der den großen Bedarf für eine Therapieforschung darlegt.

Global gerecht

Man plädiert für eine globale Eliminierungsstrategie im Sinne der Weltgesundheitsorganisation WHO. Zentral seien eine Aufklärungskampagne, die HBV-Impfung und die gut verträgliche, jedoch wenig in Anspruch genommene Therapie. "Es ist ethisch notwendig, dass wir schnell die Diagnose und Behandlung auf die 'Missing Millions' ausweiten und die allgemeinen Gesundheitssysteme so ausbauen, dass ein gleichberechtigter Zugang zu Heilbehandlungen gewährleistet wird, sobald diese verfügbar sind", forderte Jeffrey Lazarus, Mitglied der ICE-HBV.

Die derzeitige Behandlungsstrategie trägt dazu bei, das HBV unter Kontrolle zu halten, ist jedoch keine Heilung, da infizierte Zellen dadurch nicht vollständig von dem HB-Virus befreit werden können. Selbst bei laufender Behandlung besteht für die Betroffenen höheres Risiko, an Leberkrebs zu erkranken, insbesondere für jene mit zugrunde liegender Zirrhose aufgrund einer chronischen HBV-Infektion.

292 Millionen Menschen heilen

Neueste Forschungsfortschritte und der Aufschwung, der durch die Entdeckung einer kurativen Therapie für das Hepatitis-C-Virus (HCV) entstanden ist, haben die Hoffnung geweckt, auch eine Heilung für Hepatitis B zu finden. Die ICE-HBV appelliert dazu, verstärkt in die HBV-Therapieforschung und -vorsorge zu investieren, um die Leben der 292 Millionen Menschen zu retten, die weltweit an chronischer Hepatitis B erkrankt sind.

Die Strategie zielt darauf ab, Forschung weltweit anzuleiten und voranzutreiben, etwa die Entwicklung verlässlicher Infektionsmodelle und Untersuchungen zur Auswirkung neuer, sich in Entwicklung befindender Therapiekandidaten. "Es ist einfach unakzeptabel, dass jedes Jahr fast 900.000 Menschen unnötig an Hepatitis B sterben", so Ulrike Protzer, Leiterin des Instituts für Virologie des Helmholtz-Zentrums München.

Problem Hepatitis E

Gegen Hepatitis E gibt es bisher keine spezifische Therapie: Rund 70.000 Menschen sterben weltweit jährlich daran. Ein internationales Forscherteam hat nun in dem natürlich vorkommenden Stoff Silvestrol einen möglichen Wirkstoff gegen das Virus gefunden. Sowohl in der Zellkultur als auch im Mausmodell hemmte die Substanz die Vermehrung der Erreger. Die Forscher um Daniel Todt und Eike Steinmann von der Abteilung für Medizinische und Molekulare Virologie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) haben ihre Studienergebnisse kürzlich im Journal "Antiviral Research" veröffentlicht.

Konkret geht es bei Silvestrol um einen Wirkstoff, der von rund 400 verschiedenen Arten von Mahagonipflanzen gebildet wird und sich aus deren Blättern extrahieren lässt. In der Vergangenheit wurde Silvestrol schon als möglicher Wirkstoff gegen bestimmte Tumore und gegen Ebola beschrieben, bislang fehlen allerdings breit angelegte klinische Studien.

Beim Screening möglicher Wirkstoffe gegen Hepatitis E untersuchten die Forscher die Wirkung von Silvestrol auf das HE-Virus. "Wir haben dazu zuerst sogenannte Reporterviren in Zellkulturen mit Silvestrol behandelt und festgestellt, dass sie sich weniger stark vermehrten als ohne die Behandlung", erklärt Daniel Todt.

Replikation stoppen

Anschließend nutzten die Forscher Stammzellen, die sie zu Leberzellen ausdifferenziert hatten. Sie infizierten diese mit Hepatitis-E-Viren – sowohl solchen, die sie zuvor im Labor produziert hatten, als auch solchen, die von Patienten stammten. Die Wissenschafter beobachteten mehrere Tage lang den Infektionsverlauf mit und ohne Silvestrol. "Mithilfe spezifischer, gegen das Virus gerichteter Antikörper konnten wir messen, wie häufig sich die Viren in den infizierten Zellen repliziert hatten", erklärt Todt.

Das Ergebnis: Nach der Behandlung mit Silvestrol sanken die Vermehrungsrate und die Zahl der infizierten Zellen stark ab. "Die Wirkung von Silvestrol war stärker als die von Ribavirin, dem bisher einzigen Wirkstoff, der gegen Hepatitis E eingesetzt wird", erklären die Studienautoren. Das zeigte sich bei Infektionen mit allen vier bekannten genetisch unterschiedlichen Typen des Virus, die Menschen krank machen können.

Um zu untersuchen, ob der Wirkstoff die Virusvermehrung auch in lebenden Organismen hemmt, testeten sie seine Wirkung bei Mäusen, denen menschliche Leberzellen eingepflanzt und die mit Hepatitis E infiziert wurden. Auch bei ihnen führte die Behandlung mit Silvestrol dazu, dass sich die Viren weniger häufig replizierten. Schädliche Nebenwirkungen blieben in geringer Dosierung aus. Diese Ergebnisse wecken die Hoffnung, dass Silvestrol ein wirksames Mittel gegen Hepatitis E sein könnte. "Das klinische Potenzial muss aber noch in weiteren Studien ausgelotet werden", so Eike Steinmann. (red, 28.7.2018)