Wolfgang Fellner (Mediengruppe Österreich) am Mittwoch, 20. September 2017, während einer Diskussionsrunde im Rahmen der 24. Österreichischen Medientage in Wien. Ein Foto vom "Google Retreat" steht uns nicht zur Verfügung,

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Es gibt so viel Neid im Journalismus! Sonntag befördert der "Kurier" den Bundeskanzler zum Global Leader, weil er – wie berichtet – mit ausschließlich handverlesenen, höchst verschwiegenen, in ihrer Führernatur verbundenen Edelmenschen in einem strengst abgeschirmten Retreat in Montanas Bergen zwecks abgeschirmten Gedankenaustausches zusammengetroffen war. Und schon Montag glaubt Wolfgang Fellner, an der weltpolitischen Berufung von Sebastian Kurz kratzen zu müssen. Einen Tag nach dem blumigen Mystery-Stück im "Kurier" konterte er in "Österreich": Kurz bei Google – Kein Geheim-Treffen der Tech-Milliardäre.

Das wäre noch nicht so schlimm gewesen. Eines der beiden Blätter hat eben Fake-News verbreitet, welches, ist angesichts der Person, um die es geht, ziemlich egal. Wirklich demütigend für Kurz war aber Fellners Mitteilung: "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner war – gemeinsam mit mehreren europäischen Chefredakteuren – bereits vor fünf Jahren Gast auf dem angeblich so geheimnisvollen "Google-Retreat". Sein Resümee (Fellner schreibt von sich gern in der dritten Person, noch hält er sich mit dem Majestätsplural zurück): Keine Rede von Geheimtreffen, keine Milliardäre weit und breit – aber viele Informationen über die Zukunft des Internets. Und weiter: Eines ist dieses "Retreat" ganz sicher nicht – ein "geheimes" Treffen der "Milliardäre".

Nach der redaktionellen Logik des "Kurier" hätte nun Wolfgang Fellner mindestens als ein Global Editor zu gelten, und zwar bereits fünf Jahre vor Kurz – eine Vorstellung, die einem den Globus in noch schwärzerem Licht erscheinen lässt, als er es ohnehin schon ist. Nach der redaktionellen Logik von "Österreich": Das sinnfreie Anschleimen an Politiker zu Geschäftszwecken hat ausschließlich bei Wolfgang Fellner stattzufinden, und was im Fall Strache recht ist, kann für Kurz nur billig sein. Jede Einmischung wird da verbeten.

Der aktuelle Anlass markiert das – mögliche – Ende eines sich lange hinziehenden Verfahrens, über das an dieser Stelle wiederholt berichtet wurde und in dessen Verlauf Fellner bestrebt war, so wie nun den "Kurier", vor langem einmal eine Einschätzung Michael Jeannées von der "Kronen Zeitung" geradezurücken. Und wieder in eigener Sache. Jeannée hatte – man darf inzwischen schon sagen bekanntlich – Fellner als den Schausteller eines fetten Lächelns, bei dem einen kalt werden möchte, dargestellt und dessen herausgeberische Tätigkeit mit den Worten Fellner befiehlt, die Redaktion kuscht und folgt beschrieben sowie "widerwärtigen Journalismus" vermutet.

Nun scheint das Verfahren nach vielem Hin und Her sein Ende gefunden zu haben, wie Anfang der Woche entsprechenden Mitteilungen beider Blätter zu entnehmen war. Jeannée ist fürder verboten, Fellners Lächeln ebenso wie den unter seiner Leitung praktizierten Journalismus mit oben zitierten Worten zu beschreiben. Fellner hingegen bleibt es unbenommen, Jeannée weiterhin als Sudelfeder zu bezeichnen – ein schöner Erfolg, nur leicht getrübt, da es ja auch dem "Kurier" trotz Korrektur unbenommen bleibt, Kurz als Global Leader zu führen. Beide Blätter schmückten ihre Urteilsanzeigen mit anschaulichen Porträts des jeweiligen Gegners, die die wechselseitigen Vorwürfe als glaubhaft und die ganze Prozesswut daher als überflüssige Belästigung der Justiz erscheinen lassen.

Zum Thema widerwärtiger Journalismus: Im aktuellen Heft der freiheitlichen "Zur Zeit" wird wieder einmal das Leiden der Rechten an den Agenten des Guten zelebriert. Ein Lajos Rohonczy beklagt über eine Doppelseite das Problem des Rechtsextremismus: Immer öfter werden Dispute unterbunden – sei es durch Mätzchen (wie etwa Gesetze?), sei es durch Androhung roher Gewalt, die bekanntlich eine Spezialität der Gutmenschen ist. Zur Illustration dient ein Foto von Armin Wolf, dessen Name in dem Gefasel kein einziges Mal vorkommt. Immer gut, sich einen Prügelknaben zu halten.

Ein paar Seiten weiter vorne frech: Juncker will nicht zurücktreten, trotz der Forderung Vilimskys nach dem "Ischias"-Video. Was bei Ischias zu tun ist, schreibt der FP-Generalsekretär vor. Man taumelt nicht in der Gegend herum, sondern man ist mit sich selbst beschäftigt. Diese Erkenntnis verdankt der Diagnostiker nur einem glücklichen Zufall. Denn lange war ihm das Video "beharrlich" von den "Systemmedien" verschwiegen worden. So teuflisch sind sie. (Günter Traxler, 28.7.2018)