Aus dem Nachlass des österreichischen Filmemachers Kurt Kren: Detailansicht einer Aktion des Künstlers Günter Brus aus dem Film "Selbstverstümmelung" (1965).

Foto: Bildrecht Wien

"Ich weiß nicht, ob der Weibel schon mit dir geredet hat" – so beginnt ein Brief von Elfriede Jelinek an Ernst Schmidt jr. Die Schriftstellerin schlägt ihm darin die Verfilmung eines ihrer Stücke über den "Wessely-Hörbiger-Clan in der Nazizeit" vor. Aufgrund des Einflusses der Familie sei an eine Theateraufführung gar nicht zu denken, eine private Vorführung in einem Filmclub ("Filmmuseum oder Z-Club") sei aber vorstellbar.

In der Ausstellung Film und mehr. Aus den Archiven von Kurt Kren und Ernst Schmidt jr. im Mumok hängt ihr Brief in einer Wandvitrine neben einem Schreiben von Peter Handke. Dieser bemerkt in dem ansonsten eher allgemein-freundschaftlich gehaltenen Brief zum österreichischen Film kritisch an, dass dieser sich zu viel mit Österreich befasse.

Film und bildende Kunst

Betrachtet man die in der Ausstellung präsentierte Auswahl an Filmen genauer, tendiert man dazu, Handkes Beobachtung auch zu widersprechen: Auf Monitor zeigt man zwar auch Rotweißrot (1967), einen Kurzfilm, in dem Ernst Schmidt jr. (1938-1988) ein österreichisches Fremdenverkehrswerbeschild formal zerlegt. Darüber hinaus sind es jedoch überwiegend streng konzeptuelle filmische Fragen, die die Interessen von Schmidt und Kren (1929-1998) eint:

"Syntax und Form", titelte dementsprechend auch ein Artikel, den Ernst Schmidt jr. gemeinsam mit Peter Weibel über die Stummfilme von Sergei Eisenstein verfasste. Sein Nachlass, der 2015 ans Mumok kam, umfasst außerdem Listen mit Filmkategorien (u. a. "Materialfilm"), ein Aufruf zum Boykott des Filmmuseums, Presseaussendungen zur Filmförderung oder Material für ein Filmlexikon von A bis Z (unter anderem ein Artikel über den Filmemacher Zelimir Zilnik).

mumokvienna

Dass sowohl Ernst Schmidt jr. als auch Kurt Kren in den letzten Jahren Ausstellungen in der Secession und im Atelier Augarten gewidmet waren, hat auch damit zu tun, dass beide zeitlebens an einer Zusammenführung von Film und bildender Kunst gearbeitet haben.

Im Mumok erzählt davon ein Artikel von Schmidt jr. ebenso wie die Editionen oder malerischen Partituren von Kurt Kren: Bei Letzteren handelt es sich um Notationen, nach denen Kren sein filmisches Material (u. a. Happening der Aktionisten) strukturierte.

Sein Nachlass, der von Ausstellungen in der Judson Gallery, Begegnungen mit Andy Warhol oder seinen Gefühlen gegenüber Wien ("Wieder in Wien, Scheiß Wien!!!") erzählt, befindet sich seit heuer im Mumok. An zahllosen Querverbindungen – neben inhaltlichen etwa auch die gemeinsame Beteiligung an der Gründung der Austria Filmmakers Cooperative – mangelt es in der Ausstellung nicht. Es ist Josef Dabernig und seinem klug strukturierten Display zu verdanken, dass in der Zusammenführung der Nachlässe auch die Eigenständigkeit der beiden Künstler ersichtlich wird. (Christa Benzer, 27.7.2018)