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Millionen Muslime in Assam geraten unter Druck.

Foto: REUTERS/Anuwar Hazarika

Guwahati/Wien – Viele Muslime in Assam sind besorgt. Die Menschen, deren Vorfahren vor langer Zeit aus Bangladesch kamen, leben ihr Leben lang in dem nordöstlichsten Bundesstaat Indiens. Sie müssen aber bis Montag beweisen, dass sie tatsächlich Inder sind.

Denn Assam überprüft gerade den Status seiner Einwohner: In dem Megaprojekt National Registry Census müssen alle 32 Millionen Einwohner per Dokument beweisen, dass sie legal in Assam leben – das heißt, dass sie oder ihre Familien bereits vor 1971 nach Assam gekommen sind.

Hindu-Nationalisten

Offiziell heißt es, man möchte damit die illegale Migration eindämmen. Menschen, die es nicht auf die Liste schaffen, werden als "Ausländer" eingestuft, kommen in Anhaltelager oder sollen abgeschoben werden. Am Montag wird der finale Entwurf der Liste veröffentlicht.

Kritiker meinen, dass damit bloß die muslimische Bevölkerung im Hindu-dominierten Land diskriminiert werden soll. Denn viele Muslime besitzen keine Dokumente, die ihre Staatszugehörigkeit beweisen würden. Vor allem bis zu 2,9 Millionen muslimische Frauen seien betroffen, die außer veralteten Heiratsurkunden keine Dokumente besitzen. Diese Urkunden erkennen die Behörden aber nicht an. Kritiker sehen die hindu-nationalistische Regierung Indiens unter Premierminister Narendra Modi hinter der Politik. 2015 wurde ein Gesetz erlassen, das es Hindu-Einwanderern, Buddhisten und Jains ermöglicht, Staatsbürger zu werden. Muslime kommen in dem Gesetz nicht vor.

Im ersten Listenentwurf, der im Jänner veröffentlicht wurde, fanden sich nur 19 der 32 Millionen Einwohner auf der Liste. Der Rest musste seitdem versuchen, rasch Dokumente aufzutreiben. Für die zweite und letzte Version sind noch immer bis zu sieben Millionen Menschen gefährdet, als "Ausländer" eingestuft zu werden und somit mit einem Schlag staatenlos zu sein.

Die indische Regierung hat im Vorfeld versucht, die Sorgen mit dem Hinweis zu zerstreuen, dass man auch nach Veröffentlichung der Liste noch zwei Monate Zeit habe, Dokumente einzureichen und so auf die Liste zu kommen. "Niemand wird nach Veröffentlichung der Liste in ein Anhaltezentrum gesteckt", sagte der indische Innenminister Rajnath Singh vergangene Woche.

Anders sieht das etwa Genocide Watch. Die NGO stuft die Region auf Warnstufe 7 der Genozid-Warnung ein und vergleicht die Situation mit der muslimischen Minderheit der Rohingya, die aus Myanmar zur Flucht nach Bangladesch gezwungen werden. Auch eine Gruppe von Uno-Sonderbeobachtern hat bereits Mitte Juni Sorge geäußert, dass es häufig zu Verfahrensfehlern komme. Es bleibe auch unklar, was mit den Menschen passiert, die als Ausländer eingestuft werden.

In jedem Fall macht sich die Region auf Unruhen gefasst. 22.000 zusätzliche Sicherheitskräfte sind in Assam stationiert, im angrenzenden Nagaland wurden die Grenzkontrollen verstärkt. (Anna Sawerthal, 29.7.2018)