Zölle auf Luxusgüter sind in ärmeren Ländern besonders beliebt. Wegen großer Gewinnspannen müssen Hersteller die Zusatzkosten nicht eins zu eins an die Konsumenten weitergeben.

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Zölle verstopfen die Lebensadern einer globalen Wirtschaft. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges finden regelmäßig internationale Verhandlungsrunden statt, um Handelsbarrieren abzubauen. Die Erfahrung mit früheren Handelskriegen und Abschottung sollte nicht wiederholt werden. Kein Wunder, dass bei vielen Ökonomen die Alarmglocken schrillen, seit US-Präsident Donald Trump seine protektionistische Politik samt getweeteter Begleitmusik "Zölle sind großartig" verfolgt.

Doch auch Verfechter des Freihandels können Zöllen etwas abgewinnen, wenn sie richtig eingesetzt werden. Um die Kritik an Trumps Handelspolitik besser zu verstehen, hilft es, die Argumente für Zölle zu betrachten.

· Nationale Sicherheit

Trump liegt richtig, wenn er sagt, dass nationale Sicherheitsbedenken Zölle rechtfertigen. Wenn für die nationale Sicherheit notwendig, erlaubt die Welthandelsorganisation (WTO) Schutzzölle ausdrücklich. Ob amerikanische Importschranken etwa für Stahl, Aluminium oder Autos vor der WTO Bestand hätten, ist offen.

Diese gestattet Sicherheitsausnahmen in drei Fällen: wenn sicherheitsrelevante Informationen in Gefahr sind. Wenn internationale Konflikte drohen. Und wenn es um die Verteidigung der eigenen Sicherheitsinteressen geht – zum Beispiel beim Waffenhandel oder beim Handel mit radioaktiven Elementen. Entscheidend ist also, was genau unter nationaler Sicherheit zu verstehen ist.

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Von Anti-Dumping bis zum Schutz der Rüstungsindustrie: Die Welthandelsorganisation erlaubt gewisse Zölle.
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· Gerechte Gegenschläge

Die WTO wacht über fairen Handel. Wenn China die Welt mit zu billigen Stahlrohren flutet, Washington Autos zur Sache der nationalen Sicherheit erklären würde oder die EU Butterberge anhäuft, statt sich an Versprechen zum Abbau von Agrarsubventionen zu halten, tritt sie als Richterin auf. Während sie Vorwürfe prüft und wenn ein Regelverstoß vorliegt, darf das geschädigte Land als Gegenmaßnahme seinen Markt mit gezielten Zöllen schützen.

Dabei gilt das Prinzip "Auge um Auge". Die Höhe des Schadens bestimmt die Höhe der erlaubten Gegenzölle. Um welche Produkte es sich handelt, ist dabei zweitrangig. Die bei der WTO angemeldeten Gegenmaßnahmen der EU zu US-Stahlzöllen umfassen daher viel mehr als den Wert der Stahlimporte aus Amerika. Nämlich deshalb, weil die USA deutlich mehr davon aus Europa beziehen als umgekehrt.

Unfaire Handelspraktiken festzustellen ist nicht immer leicht. Ab wann ist chinesischer Stahl unprofitabel subventioniert oder einfach nur billiger? Wann ist ein erlaubter Schutzzoll wegen einer plötzlichen und ausgeprägten Importschwemme eigentlich eine Ausrede, um eine konkurrenzunfähige Branche zu schützen?

· Industrie in Kinderschuhen

Fast alle entwickelten Industrienationen sind hinter Zollschutzmauern groß geworden, betont Ha-Joon Chang, Entwicklungsökonom an der Universität Cambridge. Das muss natürlich nicht heißen, dass ein liberalerer Ansatz nicht trotzdem Vorteile gebracht hätte. Doch es zeigt, wie intensiv Staaten sich stets in den Handel eingemischt haben.

Prominentes Beispiel ist die historische Aufholjagd Japans ab den 1950er-Jahren. Die Regierung in Tokio hat die heimische Autoindustrie mit Zöllen von bis zu 40 Prozent vor der Konkurrenz aus den USA geschützt. Washington machte damals Druck, die Handelsbarrieren zu senken, Japan solle sich auf seine Stärken spezialisieren, zum Beispiel auf Tunfischfang. Die Japaner blieben hart. Ihre Autoindustrie reifte mit der Zeit so weit heran, bis sie international konkurrenzfähig war.

Allerdings funktioniert der Schutz von jungen Industrien, wenn überhaupt, nur dann, wenn der Konkurrenzdruck stetig zunimmt. Die Zölle müssen bald wieder sinken – so wie in Japan. Viele negativ Beispiele zeigen, dass der Schutz junger Industrien bei weitem kein Garant für deren Erfolg ist. Die einst hoch protegierte brasilianische Computerbranche belegt das eindrücklich.

· Luxusartikel

Luxushandtaschen aus Frankreich oder Uhren so teuer wie Kleinwagen leisten sich nur die Reichsten. Höhere Preise auf Luxusgüter können sie verschmerzen – die weniger wohlhabende Mehrheit bekommt von Zöllen auf Luxusartikel kaum etwas mit. Scheinbar der perfekte Zoll: Der Staat verdient, innenpolitisch ist er durchsetzbar, hauptsächlich der Exporteur spürt ihn. Hersteller von Luxusgütern haben oft größere Gewinnspannen und müssen die Zölle nicht eins zu eins an die Konsumenten weitergeben.

Unproblematisch sind solche Zölle aber nicht. Auch am Markt für Luxusgüter herrscht Wettbewerb, Zölle wirken da verzerrend. Und was Reiche mehr für Luxusgüter ausgeben, sparen sie womöglich anderswo ein.

Beliebt sind Zölle auf Luxusgüter bei besonders armen Ländern. Wenn eine kleine reiche Elite ausländische Luxusgüter nachfragt, fließt aus diesen Ländern Jahr für Jahr viel Geld ab. Durch Importzölle können Regierungen mitverdienen, Zölle sind oft eine wichtige Einnahmequelle. Nigeria, Ägypten und andere Länder erheben deshalb teils drastische Zölle auf Kosmetika, Autos und andere Luxusgüter. (28.7.2018)