"She's A Homewrecker" existiert lediglich, um Frauen, die angeblich mit einem verheirateten Mann geschlafen haben, bloßzustellen.

Foto: screenshot/gerichtsdokumente/via gizmodo

Wer in Europa Opfer einer Schmähkampagne im Netz wird, kann sich leicht dagegen wehren. Zeigt eine Google-Suche falsche oder gar aus bösartiger Absicht geschaffene, falsche Ergebnisse an, ist es für Nutzer möglich, eine Löschung zu beantragen, welche Google nachprüfen und je nach Fall auch durchführen muss. Grund dafür ist das europäische Datenschutzrecht, welches ermöglicht, dass solche Inhalte zwar nicht gänzlich aus dem Netz verschwinden, trotzdem aber weitaus schwieriger zu finden sind.

Glennon habe vermeintlich mit fremden Ehemann geschlafen

Im Falle der US-Amerikanerin Monika Glennon wurde ihr Leben fast von einer Fremden zerstört, wie die Plattform Gizmodo dokumentiert. Die gebürtige Polin arbeitet als Immobilienmaklerin und hatte lange Zeit ein erfolgreiches Leben. 2015 erfuhr sie, dass jemand auf der Facebook-Seite ihres Arbeitgebers einen Link zu einer dubiosen Website namens "She’s A Homewrecker" (jemand, der eine Ehe zerstört, Anm.) geteilt hatte. Diese existiert lediglich, um Frauen, die angeblich Affären mit verheirateten Männern hatten, bloßzustellen.

Dort wurde behauptet, dass Glennon angeblich ein "Home Wrecker" sei. Eine fremde Ehefrau behauptete, sie habe Glennon und ihren Mann bei einem Besichtigungstermin in flagranti erwischt. Das beschrieb sie bildlich und im Detail. Sie gab auch an, Fotos gemacht zu haben – auf die Plattform lud sie allerdings nur das Berufsportrait von Glennon hoch, welches sie offenbar von der Website des Arbeitgebers entnommen hatte.

Artikel an Mann, Familie und Kollegen geschickt

Die Geschichte war gänzlich erfunden – was aber den Nutzer, der sie auf der Facebook-Seite des Unternehmens geteilt hatte, nicht davon abhielt, Glennons Freundesliste zu durchforsten und den Link an Familienmitglieder, ihren Ehemann und zahlreiche Arbeitskontakte zu versenden. Glennon versuchte, diese darüber zu informieren, dass die Geschichte gefälscht war, traf im Netz aber auf Skepsis.

Täterin hatte in Kommentarspalte gestritten

Kurze Zeit später wurde die Geschichte auf weiteren Webseiten publiziert, auf einer davon wurde sie 95.000 Male geklickt. Entsprechend wurde der Artikel bald als erstes Ergebnis bei Google angezeigt, wenn man Glennons Namen googelte. Die Immobilienmaklerin schätzt, deswegen 2015 Verluste im Wert von 200.000 US-Dollar gemacht zu haben, da sie entsprechend weitaus weniger Kunden fand. Sie klagte – und fand ihre Peinigerin. Dabei handelte es sich um eine Frau, mit der sie auf Facebook in der Kommentarspalte eines Artikels einer Nachrichtenplattform diskutiert hatte. In dem Zeitungsbericht ging es um eine Jugendliche, die in Auschwitz ein Selfie gemacht hatte und dafür einen Shitstorm im Internet erntete.

Bloßstellung als Hobby

Glennon hatte die Teenagerin verteidigt und argumentiert, dass Kinder Fehler machen würden, dass sie zumindest Auschwitz besuche und dass der Internet-Mob, der sie attackierte, dieselbe verurteilende Mentalität zeige, die überhaupt so eine "schreckliche Zeit in der Geschichte" auslösen konnte. Eine Frau, Mollie R., stimmte Glennon nicht zu und warf ihr unter anderem Antisemitismus vor. Letztlich konnten sich die beiden, wie oft im Netz, nicht einigen – für Glennon war die Geschichte damit beendet, R. sah sich hingegen persönlich attackiert.

Sie recherchierte zu Glennon und kreierte die Lügengeschichte, um sich an ihr zu rächen. Der Mann, der den Artikel geteilt hatte, war eigentlich eine unbeteiligte Frau – die offenbar das Hobby hatte, Personen, die auf solchen Diffamierungswebseiten auftauchen, auf sozialen Medien zu finden und Freunde und Familie über ihre angeblichen Missetaten zu unterrichten.

100.000 Dollar, um nicht mehr gelistet zu werden

Glennon traf R., nachdem sie herausgefunden hatte, dass diese für den Artikel zuständig war. R. erkannte durch das Gespräch, dass sie sich in ihrer Meinung zu Glennon geirrt hatte und gestand ihren Fehler. Sie entschuldigte sich öffentlich und bat die Seiten, den Artikel zu entfernen. Glennon zwang jene, die es nicht taten, juristisch dazu. Sie hatten ihr Foto genutzt, wodurch Glennon mit einer Urheberrechtsverletzung argumentieren konnte – eine andere Möglichkeit hatte sie nicht, da Websiten laut US-Recht nicht für jene Inhalte geklagt werden können, die Nutzer erstellt haben.

Eine Seite, die ihren Sitz nicht in den USA hat, weigerte sich trotzdem, dem Wunsch zu folgen. Zu Glennons Glück entfernte Google nach richterlicher Anordnung die Indexierung, wodurch der Artikel weitgehend verschwand. Der Prozess kostete allerdings mehr als 100.000 US-Dollar – Geld, welches sie auch nicht von R. zurückverlangen kann, da diese die finanziellen Mittel nicht hat und mittlerweile aufgrund einer Entführung inhaftiert ist. Glennon findet, dass das nicht sein sollte. "Jemand, der nur einen Mindestlohn hat, könnte seinen Ruf unmöglich retten", sagte sie zu Gizmodo.

Europa: Recht auf Vergessen seit 2014

In Europa hätte es dieses Problem nicht gegeben. Vor vier Jahren hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass man unter bestimmten Gründen die Entfernung von Webseiten aus dem Suchindex von Google und anderen Suchmaschinen erwirken kann, wenn diese einen persönlich betreffen. Voraussetzung ist, dass die Inhalte "unangemessen, irrelevant, nicht mehr relevant oder übertrieben" sind. Und es wird auch genutzt: Seit 2014 wurden rund 902.000 URLs aus dem Index genommen. In Österreich wurden insgesamt 16.754 URLs entfernt. (red, 28.7.2018)