Wien – "Wenn Sie haben könnten, was Sie wollen, was würden Sie sich aussuchen?" – "Das ist eine naheliegende Frage. Ich glaube, das Wichtigste im Leben ist, glücklich zu sein. Was nützen einem Autos, Geld und ein fantastisches Zuhause, wenn man nicht glücklich ist?"

Wahre Worte. Sie stammen von einem, der wusste, wovon er sprach, sich aber schwertat, dies umzusetzen. Elvis Presley stellte Nichtmaterielles über Materielles. Letzteres hatte er im Überfluss, nach Ersterem war er süchtig.

Elvis Presleys 1963er-Rolls-Royce in Santa Monica, Kalifornien.
Foto: NDR/David Kuhn

Was das Amerika von heute mit Elvis Presley zu tun hat, fragt Dokumentarfilmer Eugene Jarecki in "The King – Mit Elvis durch Amerika" am Mittwoch um 23.30 Uhr in der ARD und wagt eine vermessene These: Elvis Presley ist nicht nur Amerikas größter Popstar aller Zeiten, Elvis Presley ist Amerika. Um der Behauptung auf den Grund zu gehen, leiht sich Jarecki einen dicken Rolls-Royce aus Presleys Fuhrpark und fährt damit quer durchs Land, um sich bei jenen umzuhören, die etwas zum Thema Popkultur beizusteuern haben.

Im Royce von Tupelo nach Las Vegas

"Keiner weiß, worauf Amerika zusteuert", tönt es in nicht näher benannten Interviewsequenzen aus dem Radio. Wichtige Stationen im Leben Presleys werden angesteuert – vom Geburtsort Tupelo nach Memphis, Nashville und New York sowie über die Route 66 hinüber nach, eh klar, Las Vegas.

Mike Coykendall (links) and M. Ward (rechts) in Hollywood, Kalifornien, in Eugene Jareckis "The King".
Foto: NDR/David Kuhn

Illustre Gäste nehmen auf der Rückbank Platz: Emi Sunshine & the Rain jodeln sich durch Tennessee, John Hiatt vergießt Tränen der Ergriffenheit, Ethan Hawke politisiert, Immortal Technique rapt, Ashton Kutcher philosophiert, Alec Baldwin schwärmt und irrt: Trump ist US-Präsident.

Keine Heldenverehrung

Zum Zeitpunkt der Aufnahme war Wahlkampf in den USA. Die Spaltung des Landes wurde offensichtlich, und wie ein Sinnbild gibt die Elvis-Kutsche immer wieder ihren Geist auf, bei einer der Pannen war Serienerfinder David Simon ("The Wire", "Treme") anwesend. Der Regisseur und Drehbuchautor sieht den Reparaturversuchen entspannt zu und kommentiert sie lapidar: "Ihr hättet einen der Cadillacs nehmen sollen, viel romantischer." Wenn schon untergehen, dann in Schönheit.

Heldenverehrung findet bei Jarecki nicht statt. Der farbigen Bevölkerung war Elvis von jeher alles andere als ein "King" – und ist es noch heute. Elvis als Metapher für Amerika im Wahlkampf? "Kurz vor der Überdosis", so beschreibt Rapper Immortal Technique beide.

Emilie Condamine in Las Vegas, Nevada.
Foto: NDR/David Kuhn

Neben den Interviews spielt Jarecki Archivaufnahmen und erzählt damit vom Aufstieg und Fall eines Königs und eines Königreichs. Das lässt sich aber nur schwerlich zu Ende denken, schließlich ist Elvis tot. Am Ende seiner Kreativität sieht jedenfalls Ethan Hawke das Land: "Inzwischen hält man uns Amerikaner im Wesentlichen für Kapitalisten. Als wäre das unsere Natur."

Ein Ausstieg scheint schwierig, Elvis schaffte ihn bekanntlich nicht. Er wollte Sinn, Leben, Freiheit und das Streben nach Glück, nicht Macht und Reichtum: "Don’t be cruel." (Doris Priesching, 1.8.2018)