Politisch unerfahren, aber selbstsicher ist Emmanuel Macron anfällig für die Tücken der Omnipotenz.

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Geht es im Élysée-Palast zu wie am Königshof in Versailles? Das behauptet einer, der sich auskennt, vor allem in der Affäre rund um den gewalttätigen Sicherheitschef von Emmanuel Macron: Alexandre Benalla, "Rambo der Republik", schildert die Sitten am Hof so: "Alles hängt von Ihrer Nähe zum Präsidenten ab: Lächelt er Ihnen zu, nennt er Sie beim Vornamen?" Im Präsidentschaftswahlkampf 2017 hatte Benalla Macrons Vertrauen als Sicherheitschef gewonnen. Danach beflügelten ihn offenbar seine Herrschaftsfantasien, bis er am 1. Mai Demonstranten eigenhändig drangsalierte. "Mir brannte eine Sicherung durch", sagte Benalla nachträglich.

Frankreich interessiert eine andere Frage: Steigt die Allmacht auch Macron zu Kopf? Wenn der 40-Jährige sagt, "der einzige Verantwortliche bin ich", dann klingt das für viele Franzosen wie das Diktum des Sonnenkönigs: "Der Staat bin ich." Gewiss, der Präsident ist kein aufgeklärter Despot, sondern ein Demokrat. Aber langsam droht ihm der Sinn für die politische Realität abhandenzukommen.

Die Benalla-Affäre unterschätzte er erst; dann reagierte er so ungeschickt wie seine Berater. Dabei bewirkt der Vorwurf der Selbstherrlichkeit erst den Aufruhr. Politisch unerfahren, aber selbstsicher ist Macron anfällig für den Geist von Versailles, die Tücken der Omnipotenz. Es ist zu hoffen, dass ihm bewusst wird, wie sehr ihn die Affäre um den an sich wenig bedeutsamen Bodyguard politisch schwächt. (Stefan Brändle, 30.7.2018)