Bei anderen Güterbahnen verläuft das Frachtgeschäft noch zäher als bei der ÖBB. Größter Schwachpunkt ist das Inlandsgeschäft.

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Die Konjunkturlokomotive brummt, die Industrie feiert Hochkonjunktur, aber bei der ÖBB-Gütersparte Rail Cargo Austria merkt man davon wenig. Wohl stiegen im ersten Halbjahr die Umsätze um 3,8 Prozent, das operative Geschäft (Ebit) mit dem Warentransport hielt damit allerdings nicht mit, es stieg lediglich um 1,8 Prozent auf 20,45 Millionen Euro und blieb damit nur knapp über dem Wert im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Das geht aus den nicht veröffentlichten Halbjahreszahlen der staatlichen Güterbahn hervor, die dem STANDARD vorliegen. Das Besorgniserregende an diesen Zahlen: Das Ergebnis vor Steuern (EBT) brach in den ersten sechs Monaten dramatisch um 97 Prozent auf 270.000 Euro ein. Grund ist das Finanzergebnis. Die RCA ist mit 20,17 Millionen Euro doppelt so tief in den roten Bereich eingefahren wie in den eigenen Planzahlen prognostiziert. Im ersten Halbjahr 2017 war das Finanzergebnis mit 7,9 Mio. negativ.

Ein Blick auf die (nicht konsolidierten) Detailergebnisse offenbart die Schwachstellen: Im Österreich-Geschäft (RCA AG) wurden die Verluste um 54 Prozent auf minus 19,6 Millionen ausgebaut und der frühere Ertragsbringer Rail Cargo Hungaria (ehemals MàvCargo) hat zwar sein Ergebnis um ein Fünftel verbessert, fährt mit minus 2,35 Mio. Euro Ebit aber ebenfalls im negativen Bereich.

Währungseffekte

Im ÖBB-Konzern will man zum Geschäftsverlauf auf einzelnen Märkten ebenso wenig Stellung nehmen wie zu den Halbjahreszahlen generell. Man verweist aber auf "Währungseffekte". Heißt auf gut Deutsch: Der Verfall des ungarischen Forint zehrt am Ergebnis der RCA, die ja in Euro fakturiert. Beim aktuellen Forint-Kurs von 320 schlage das im RCA-Ergebnis mit 25 Prozent durch. Deshalb versuche man, internationale Verträge auf Euro umzustellen, aber das sei leider nicht bei allen ungarischen Kunden möglich, erklärt ein mit der Materie vertrauter ÖBBler.

Ein Sprecher relativiert die müde RCA-Performance mit 'Verweis auf Konkurrenzbahnen wie die Deutsche Bahn. Diese habe einen Rückgang der Verkehrsleistung um knapp sieben Prozent ausgewiesen. Bei der RCA hingegen stimme das Mengenwachstum (plus vier Prozent), auch die Umsätze seien stärker gestiegen als das österreichische Wirtschaftswachstum (BIP). "Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Marktteilnehmern wirtschaftet die ÖBB Rail Cargo Group deutlich positiv", sagt ÖBB-Sprecher Robert Lechner.

Dazu braucht es freilich ein starkes zweites Halbjahr. Mit Ernte- und Agrarexporten ist das zweite Semester zwar grundsätzlich stärker, heuer wird es aber besonderer Anstrengungen bedürfen. Denn das Halbjahresergebnis mit 3,1 Mio. Euro negativ statt mit 6,5 Mio. Euro im Plus wie im Budgetplan vorgesehen. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres hatte RCA sogar 9,5 Mio. Euro ausgewiesen.

Höhere Kosten für Strom und Diesel

Wie das im Gesamtjahr aufgeholt werden kann, fragt man sich inzwischen bereits im Aufsichtsrat. Denn im zweiten Halbjahr wird nicht mehr auf Basis der Vorjahresverträge abgerechnet, sondern es droht Preisanstieg, etwa bei Strom und Diesel. Gemäß Wirtschaftswachstum müssten alle Waggons auf Schiene sein, sagt ein Kapitalvertreter, der nicht genannt werden will.

"Wir sind noch nicht im Krisenmodus", sagt ein anderes ÖBB-Aufsichtsratsmitglied, "aber wir schauen mit Sorge auf die Entwicklung." Das Signal blinke bereits orange. Anhand des Businessplans, der im Herbst vorgelegt wird, werde man Maßnahmen diskutieren. "Es gibt viel zu tun."

Doch nicht so rasch dürfte sich der Abschied von Josef Halbmayr gestalten. Der ÖBB-Holding-Finanzchef werde noch die Bilanz 2018 machen, heißt es. Sei Nachfolger wird wohl ÖBB-Aufsichtsratspräsident Arnold Schiefer. (Luise Ungerboeck, 31.7.2018)