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An klaren Tagen ist der Damavand noch vom 80 Kilometer entfernten Teheran zu sehen. Im Frühjahr trägt der Riese noch eine prächtige Schneedecke. Dem Dichter Firdausi zufolge ist der Dämon Aži Dahaka an den Berg gekettet.

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Botaniker Ernst Vitek im Gespräch mit dem National Geographic Farsi vor dem Damavand.

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Die österreichischen Bergsteiger Andreas Holzer, Peter Habeler und Gerlinde Kaltenbrunner mit Naturfreunde-Chef Peter Schieder (Zweiter von links).

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Am Dienstag stand die Expedition auf dem Gipfel des Damavand. Ganz oben mit dabei waren 63 Bergsteiger, davon 26 aus Österreich.

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Bereits seit tausend Jahren dauerte die Herrschaft Azhi Dahakas, als der dreiköpfige Dämon in Drachengestalt von König Feraidun besiegt und für immer an die Hänge des Berges Damavand gekettet wurde. So lautet der zentrale Mythos des Kampfes der Iraner gegen fremde Despotie, und leicht abgewandelt erzählt es auch der persische Dichter Firdausi in seinem Meisterwerk "Schahnameh", dem "Buch der Könige": "Am Berg Demawand er legt' ihn in Band".

Als der österreichische Botaniker Karl Georg Theodor Kotschy im Jahr 1843 den gewaltigen Vulkankegel im Elbursgebirge achtzig Kilometer nordöstlich von Teheran bestieg, fand er zwar keinen Drachen vor, wohl aber berichtet er von einer Begegnung mit einem Tiger.

Kotschy war sicherlich nicht der Erste auf dem Gipfel der "Kuppel der Welt", die bei klarem Wetter noch von der iranischen Hauptstadt zu sehen ist. Schließlich soll schon im Jahr 905 Abu Dolaf Kazraji dort gestanden sein. Die Einheimischen bestiegen den mehr als 5600 Meter hohen Vulkan regelmäßig, um dort Schwefel abzubauen.

Als erster Europäer berichtete der Brite W. Taylor Thomson von seiner Besteigung im September 1837. Im "Journal of the Royal Geographic Society of London" schilderte er, das größte Problem bei seiner Expedition sei abgesehen von den widrigen Witterungsbedingungen der Argwohn der Bevölkerung gewesen, die vermuteten, er sei auf der Suche nach einem versteckten Schatz.

Botanische Schätze

Im Gegensatz zu Thomson brachte Kotschy wahre Schätze von seiner Reise mit. "Dreißig, mir meist unbekannte Spezies, sammelte ich jetzt blühend in kurzer Zeit", berichtete der Botaniker in seinen Aufzeichnungen. Insgesamt sieben Jahre forschte er in der Region. In dieser Zeit schickte er tausende botanische Belege nach Wien und sorgte so für die Basis der international bedeutendsten Sammlung iranischer Pflanzen im Naturhistorischen Museum Wien (NHM), die heute 60.000 Objekte umfasst.

Zahlreiche seiner Belege sind Typusexemplare, die die Grundlage der Erstbeschreibung einer neuen Art darstellen. Kotschys Forschungsreisen führten ihn neben Persien nach Kilikien, Syrien, Ägypten, in den Sudan, nach Zypern, Kleinasien, Palästina und Kurdistan. Insgesamt sammelte er dabei mehr als 300.000 Pflanzenexemplare.

175. Jahrestag

Anlässlich des 175. Jahrestages von Kotschys Damavand-Besteigung fand zuletzt im Teheraner Niavaran-Palast ein iranisch-österreichisches Symposion statt. Gefeiert wurden dabei auch 160 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Österreich und dem Iran, das 60-Jahr-Jubiläum des österreichischen Kulturforums in Teheran sowie 25 Jahre interreligiöser Dialog.

Der ehemalige Chefbotaniker des NHM Ernst Vitek würdigte in Teheran die Leistungen Kotschys, die über seine Arbeit als Botaniker hinausgehen. Nicht nur Pflanzen tragen zu Kotschys Ehren seinen Namen wie die zu den Hülsenfrüchten zählende Kotschya. Auch Epixanthus kotschyi, eine auf der Insel Karak im Persischen Golf lebende Krabbe ist nach ihm benannt, ebenso wie der ägäische Nacktfingergecko Mediodactylus kotschyi.

Die Gedenkfeiern wurden mit den österreichischen Naturfreunden und dem iranischen Bergsteigerverband organisiert. Passend zum Kotschy-Jubiläum stand auch eine gemeinsame Besteigung des Damavand mit rund hundert Teilnehmern auf dem Programm.

Zu der Gruppe gehören mit Gerlinde Kaltenbrunner, Andy Holzer und Peter Habeler einige der bekanntesten österreichischen Bergsteiger, während auf iranischer Seite die ebenso prominenten Kollegen Farkhondeh Sadegh, Azim Gheychisaz und Mahmoud Hashemi teilnahmen. Zum Akklimatisieren wurde er der Alam Kuh, nach unterschiedlichen Angaben der zweit- oder dritthöchste Berg des Iran, bestiegen. Den Gipfel des Damavand selbst erreichten 63 Bergsteiger, darunter 26 Teilnehmer aus Österreich.

Vorab wurde ein Film mit Habeler, Kaltenbrunner und dem im NHM ehrenamtlich tätigen Botaniker Jalil Noroozi gedreht. Dieser soll im Oktober auf Servus-TV gesendet werden, im NHM ist eine Vorausaufführung geplant. Auch an einem Film für National Geographic Farsi wurde gearbeitet, woran auch Ernst Vitek beteiligt ist. Vitek stieg nur zum Camp bis etwa 4400 Meter auf, wo er eine botanische Führung veranstaltete. Die letzten Pflanzen erreichen schließlich nur etwa eine Seehöhe von 4800 Metern.

Legende

Aus technischer Sicht ist der Damavand einfach zu begehen. Schwierig und zugleich besonders macht den höchsten Berg des Nahen Osten jedoch seine Prominenz: Mit seiner Schartenhöhe von 4660 Metern liegt er weltweit auf Platz zwölf. Kein Wunder, dass der Berg in den iranischen Legenden eine zentrale Rolle spielt, wie zum Beispiel in der Arasch-Legende.

Im Krieg gegen das transoxanische Turan drohte eine Niederlage. Um die Perser zu demütigen, boten die Herrscher Turans an, dass ein Bogenschütze mit seinem Pfeil die Grenze definieren sollte. Der Held Arasch schoss daraufhin der Erzählung zufolge mit der Unterstützung des zoroastrischen Schöpfergottes Ahura Mazdas vom Damavand aus einen Pfeil. Araschs Körper starb dabei, seine Seele verschmolz mit dem Pfeil und trug ihn 2500 Kilometer weit nach Zentralasien und sicherte so den Persern ihr Reich. (Michael Vosatka, 2.8.2018)