Chinas Kriegsfilm "Wolf Warrior 2" war auf Anhieb ein Publikumserfolg. Superheld Leng Feng spielt die Hauptrolle als ein zu Unrecht in Ungnade gefallenes Mitglied Pekinger Elitetruppen, das zeigt, was in ihm steckt. Im Alleingang befreit er in einem afrikanischen Kleinstaat Hunderte seiner Landsleute aus der Hand von Rebellen und ausländischen Söldnern. Während ihres Putsches hatten sie Arbeiter einer chinesischen Fabrik als Geiseln genommen. Leng kämpft sie frei, kommt aber gegen Panzer nicht an. Da greift das in internationalen Gewässern vor der Küste liegende chinesische Kriegsschiff mit seinen Geschützen ein. Chinas rote Fahne weht im Abspann.

Dem Actionfilm folgte der gleichfalls Kasse machende Streifen "Operation Rotes Meer" über die Evakuierung von Flüchtlingen im Bürgerkrieg durch die Marine der Volksrepublik. Die nach Machart Hollywoods gestrickten Blockbuster sind nicht nur Unterhaltung, sondern stimmen ihre Zuschauer auf einen "neuen Trend" ein. Vom "patriotischen Kino" ist beim Parteiblatt "Global Times" die Rede.

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In "Wolf Warrior 2" befreit ein chinesischer Ex-Soldat gefangen genommene Landsleute in einem afrikanischen Kleinstaat.
Foto: AP Photo/Andy Wong

Nachdem Peking Afrika mit 110 Milliarden US-Dollar an Investitionen, steigendem Handel und flächenweitem Ausbau der Infrastruktur gleich dreifach durchdrungen und den Kontinent zum Schuldner Chinas gemacht hat, nimmt es nun im vierten Schritt sicherheitstechnische und militärische Kooperationen auf seine Agenda.

Echter Einmarsch

"Wolf Warrior 2" hatte im Juli 2017 sein Debüt. Im gleichen Monat marschierten echte Soldaten in Dschibuti am Horn von Afrika auf, als Peking dort seinen ersten ausländischen Militärstützpunkt eröffnete. Offiziell stritt es das ab, sprach nur von einer Anlaufstelle und Plattform für logistische und humanitäre Zwecke, um Chinas UN-Blauhelmmissionen zu unterstützen und seine Marine zu versorgen, die mit UN-Mandat auf Piratenjagd geht. Militärstützpunkte in Dschibuti unterhielten nur die anderen, etwa die USA, Japan und Frankreich.

Peking beschwichtigte die Öffentlichkeit ebenso, wie es vor knapp 20 Jahren behauptete, niemals Flugzeugträger einzusetzen. Bald wird sein dritter Träger vom Stapel laufen. In Dschibuti werden seit Mai tief ins Meer reichende Anlegepiers für die Flotte gebaut, die so an globaler Reichweite gewinnt. Das zeigen vom britischen Fachblatt "Jane's Defense Weekly" ausgewertete Satellitenbilder. Chinesische Militärexperten diskutierten zudem im Frühjahr in der Volkszeitung, dass die Marine weitere Stützpunkte braucht – natürlich nur zur Versorgung.

Anfang Juli wurde die größte Freihandelszone in Dschibuti eröffnet, dabei wehten auch chinesische Fahnen.
Foto: afp yasuyoshi chiba

Größte Freihandelszone Afrikas

Doch in Dschibuti, wo nur knapp eine Millionen Menschen leben, richtet sich Peking auf einen Daueraufenthalt ein. Chinesische Unternehmen haben ihre Hand überall im Spiel. Das gilt etwa für den Großhafen Doraleh, der den Weg zu einer der geschäftigsten internationalen Handelsrouten öffnet. Ein Konsortium unter der China Merchants Group Holding (CGM) baute ihn für die Dschibuti-Regierung und hält einen hohen Anteil daran. Kaum 20 Autominuten vom Hafen entfernt entsteht seit Jänner 2017 auf 48 Quadratkilometern Fläche die größte Freihandelszone Afrikas.

Die erste Phase des Zehnjahresprojekts, das die afrikanische Regierung mit Chinas Dalian Port (PDA) und der CGM-Gruppe erbauen lässt, ging Anfang Juli in Betrieb. Chinesische Unternehmen bauen auch den internationalen Airport. Das Ingenieursunternehmen China Civil Engineering Corporation (CCECC) ist am Bau einer Bahnverbindung nach Äthiopien beteiligt. Im Jänner legte es den Grundstein für sein 23-stöckiges Hauptquartier in Dschibuti. Die Nachrichtenagentur Xinhua schrieb, es werde das höchste Gebäude und ein neues Wahrzeichen Chinas am Horn von Afrika werden.

Grundsteinlegung eines Sozialwohnbauprojekts in Dschibuti, an dem auch chinesische Firmen beteiligt sind.
Foto: afp yasuyoshi chiba

Der afrikanische Stützpunkt ist einer der Ausgangspunkte für Chinas neue Flottenpolitik, vermutet das Stockholmer Friedensforschungsinstitut (Sipri). 2015 kündigte Pekings Verteidigungsweißbuch die Modernisierung von Chinas Militärstrategie an und darunter erstmals den Aufbau einer global operierenden Marine. Sie müsse den Schutz von Chinas überseeischen Interessen garantieren können, darunter den der Handels- und Versorgungswege und auch die Sicherheit der Landsleute. Allein in Afrika leben heute mehr als eine Millionen Chinesen, die sich als Investoren, Geschäftsleute und Arbeitssuchende dort niederließen und heute mehr als 3.000 Unternehmen betreiben.

Mehr Waffenlieferungen

Peking schult und bildet auch Afrikaner militärisch aus und verkauft ihnen mehr Waffen. Sipri-Programmleiter Nan Tian, Experte für den weltweiten Handel mit Waffen, sieht China in Afrika dazu erstmals Schlagzeilen machen. Weltweit komme Peking mit einem Anteil von 5,7 Prozent am globalen Waffenhandel für den Zeitraum 2013 bis 2017 nur auf Platz fünf unter allen Exportländern. Doch als einziges Land konnte es in Afrika seine Waffenlieferungen um 55 Prozent steigern, verglichen mit dem Zeitraum 2008 bis 2012. Russlands aktuelle Verkäufe brachen dagegen stark ein, obwohl es mit 39 Prozent Anteil weiter Afrikas Hauptwaffenlieferant bleibt. Auf die USA entfielen nur elf Prozent aller Waffenexporte nach Afrika.

Während Afrikas Waffenimporte in den vergangenen fünf Jahren insgesamt um 22 Prozent fielen, verdoppelte sich Chinas Anteil von einst 8,6 Prozent (2008 bis 2012) auf 17 Prozent in den vergangenen fünf Jahren. Sipri-Experte Tian relativierte allerdings den Zuwachs für China. Zum Teil erklärt sich der Anstieg durch Großbestellungen aus Algerien, darunter drei Fregatten und Artillerie. "In Zukunft wird China aber bei Waffenausfuhren nach Afrika zum großen Mitspieler."

Chinas Führung tut bereits alles dafür. Ende Juni lud sie hochrangige Militärs aus 49 afrikanischen Staaten zum ersten "China-Afrika-Forum zur Verteidigung und Sicherheit" nach Peking ein. Das zweiwöchige Treffen, zu dem ausländische Korrespondenten nicht eingeladen wurden, werteten westliche Militärattattachées als Signal, welch hohen Stellenwert Peking seiner neuen militärischen Zusammenarbeit mit Afrika beimisst.

China-Afrika-Gipfel im September

Nur wenige Tage nach Abreise der afrikanischen Militärs aus Peking brach dann auch Chinas Staatspräsident Xi Jinping zu einer bis Ende Juli dauernden neuntägigen Reise in vier afrikanische Länder auf und zum Gipfel der fünf Brics-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) in Johannesburg. Xi holte die anderen Brics-Länder mit in seine Afrika-Initiative: "Afrika hat mehr Entwicklungspotenzial als jede andere Region in der Welt." Anfang September lädt Xi zudem alle Staats- und Regierungschefs Afrikas nach Peking zu einem weiteren Treffen, dem China-Afrika-Gipfel (FOCAC).

Die Brics-Länderchefs auf einem Familienfoto Ende Juli in Südafrika (von links nach rechts: Indiens Premier Narendra Modi, Chinas Präsident Xi Jinping, Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, Russlands Präsident Wladimir Putin und Brasiliens Präsident Michel Temer).
Foto: AFP PHOTO / POOL / MIKE HUTCHINGS

Einer der Gründe für so viel chinesisches Engagement ist Xis Seidenstraßenoffensive, die Afrika eine Schlüsselrolle zuweist. Staatschef Xi erklärte seine Vision der "neuen Seidenstraßen" zur Jahrhundertaufgabe, um kontinentübergreifende Verbindungen von China aus über Land-, Seewege und Wirtschaftskorridore zu schaffen, die durch Zentral- und Südostasien, den Mittleren Osten, Afrika bis nach Europa führen.

20 Staaten Afrikas sollen über die Seidenstraßen verbunden werden. Peking machte dafür bei Xis jetzigem Besuch neue Milliarden-Dollar-Darlehen locker. Der Kontinent steht im Zentrum chinesischer Entwicklungsplanung, schreibt ein von der Akademie für Sozialwissenschaften veröffentlichter Forschungsbericht über "Chinas Meeres-Seidenstraße im 21. Jahrhundert". Nach aktuellen Statistiken haben chinesische Unternehmen in Afrika bisher 6.500 Kilometer Bahngleise, 6.000 Kilometer Straßen sowie 20 Häfen, 14 Airports und 34 Kraftwerke errichtet.

Afrika wird zur Riesenbaustelle und 2018 zu Chinas Jahr des Schwarzen Kontinents – zumal sich Donald Trumps USA und auch das mit sich selbst beschäftigte Europa von dort zurückziehen. Peking sieht die Lücke und nutzt sie. (Johnny Erling, 31.7.2018)