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Lassie mit ihrem Herrchen Timmy Martin.
Foto: AP Photo/File

Baltimore – "Timmy's in the well" (also "Timmy ist im Brunnen") haben Forscher der Johns Hopkins University ihre Studie über das Beschützerverhalten von Hunden betitelt: eine Anspielung auf die legendäre Film- und TV-Serie um die Collie-Hündin Lassie, die den kleinen Timmy und andere in die Bredouille geratene Menschen ein aufs andere Mal rettete.

Aber wie viel Lassie steckt im Durchschnittshund? Dieser Frage ging die Verhaltensforscherin Emily Sanford mit einem Experiment nach. Den Anstoß dazu gab ihr ihre Kollegin Julia Meyers-Manor, die sich von ihren Kindern beim Spielen unter Kissen begraben hatte lassen und zum Scherz um Hilfe rief, woraufhin sie prompt von ihrem Collie "gerettet" wurde.

Das Experiment

Für Sanfords Versuch wurden 34 Herrchen oder Frauchen samt deren Hunden getestet. Die Palette der Vierbeiner reichte von Golden Retrievern bis zu Möpsen. 16 der Versuchstiere waren zudem ausgebildete Therapiehunde. Bei allen Teilnehmern wurde anhand der Blickkontakte, die der Hund zu seinem Besitzer aufnahm, die Intensität der Beziehung gemessen.

Das Experiment selbst sah so aus: Der Hundebesitzer bezog hinter einer transparenten Tür, die ein Hund mit ein bisschen Geschick öffnen kann, Position. Dort musste der menschliche Proband entweder ein beruhigendes Kinderlied summen oder so tun, als würde er weinen. Dann warteten die Forscher ab, was die Hunde tun würden.

Die Ergebnisse

Es zeigte sich, dass die Hunde in beiden Fällen gleich häufig die Tür öffneten, um zu ihrem Besitzer zu gelangen – seine bloße Anwesenheit ist offenbar Antrieb genug. Der entscheidende Unterschied: Wenn es dem Menschen schlecht zu gehen schien, hatten es die Hunde wesentlich eiliger. Sie überwanden die Barriere dann im Schnitt dreimal schneller.

Allerdings waren nicht alle Hunde dazu in der Lage, in der Stunde der Not zu Lassie zu werden. Dazu gehört anscheinend auch eine gewisse Portion Coolness. Die Forscher maßen die Herzschlagrate der Hunde während des Versuchs und stellten fest, dass die Tiere, die rasch bei ihrem Besitzer als Retter eintrafen, sehr geringe Stresslevels aufwiesen.

Andere waren von der vermeintlichen Not ihres Besitzers so mitgenommen, dass sie die Tür nicht öffneten, sondern nur aufgeregt herumliefen. Sanford vergleicht dies mit menschlichen Kleinkindern, die anderen auch nur dann helfen können, wenn sie es schaffen, ihre eigene Aufregung abzulegen. Sogenannte Gefühlsansteckung reiche also nicht aus, eine empathische Helferreaktion auszulösen, bilanzieren die Forscher.

Ausbildung von Therapiehunden verbesserbar

Ein anderes Teilergebnis des Versuchs ist etwas ernüchternd: Sanford stellte fest, dass die Therapiehunde nicht besser abschnitten als andere – obwohl Therapiehunde dazu ausgebildet werden, ihren Besitzern in einer medizinischen Notlage beizustehen.

Die Forscherinnen vermuten, dies liege daran, dass die Ausbildung solcher Hunde stark auf Kommandos und Gehorsam konzentriert sei. Meyers-Manor regt daher an, für die Zertifizierung von Therapiehunden künftig stärker auf deren empathische Fähigkeiten zu achten. (jdo, 5. 8. 2018)