Seit Ankündigung seiner Bewerbung um das Präsidentenamt im Sommer 2015 bis zum Ende des vergangenen Jahres hat Donald John Trump etwa tausend medienkritische Tweets abgesetzt.

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Für ihre Masterarbeit an der New York University hat Stephanie Sugars nachgezählt: Seit Ankündigung seiner Bewerbung um das Präsidentenamt im Sommer 2015 bis zum Ende des vergangenen Jahres hat Donald John Trump etwa tausend medienkritische Tweets abgesetzt. Das Spektrum seines Twittergewitters reichte vom Vorwurf der Fake-News gegenüber der Qualitätspresse bis zur veritablen Journalistenbeschimpfung. "Sie gehören zu den unehrlichsten Menschen auf der Erde" – gleich an seinem zweiten Tag als US-Präsident setzte er die Journalistenschelte fort, die er im Wahlkampf begonnen hatte.

"Fünf-Mark-Nutten"

Damit reiht er sich ein in eine Traditionskette, die sich über Jahrhunderte zurückverfolgen lässt. Der Dichter Johann Michael Moscherosch bezeichnete die Presseleute als Fuchsschwänzer, Lumpen, Ohrenbläser und wies ihnen den schlechtesten Platz in der Hölle zu. Ferdinand Lassalle geißelte "ihre stupide Unwissenheit, ihre Gewissenlosigkeit, ihren Eunuchenhass gegen alles Wahre und Große in Politik, Kunst und Wissenschaft". Für Bismarck waren sie Menschen, die ihren Beruf verfehlt haben, und Wilhelm II. sprach von verkommenen Gymnasiasten. Deutsche Spitzenpolitiker der Nachkriegszeit verglichen sie mit "Ratten und Schmeißfliegen" (Franz Josef Strauß), "Schmierfinken" (Helmut Kohl), "Wegelagerern (Helmut Schmidt) und "Fünf-Mark-Nutten" (Joschka Fischer).

Von der britischen Schriftstellerin Agatha Christie ist der Ausspruch überliefert: " Ich habe Journalisten nie gemocht. Ich habe sie in all meinen Büchern sterben lassen." Und der kleine Mann auf der Straße mit seinem sprichwörtlichen Volksmund? Für ihn sind sie, wenn man dem "Wörterbuch der deutschen Umgangssprache" Glauben schenken darf, Aasgeier, Blattläuse, Dreckfinken, Federbanditen, Klatschschreiber, Presseflegel, Revolverautoren, Tintenkleckser und Zeilenschinder.

Despektierliche Äußerungen über die schreibende Zunft im Allgemeinen und über Kollegen im Besonderen finden sich in ähnlicher Schärfe auch bei Dichtern und Schriftstellern: Stendhal nennt Chateaubriand einen "stinkenden Egoisten", Else Lasker-Schüler sieht in Franz Blei einen "Roccoco-Esel", und Johann Heinrich Voss charakterisiert Clemens Brentano als "Erzwindbeutel". Für Wilhelm von Humboldt ist Matthias Claudius "eine völlige Null", für Aldous Huxley sein französischer Zeitgenosse Paul Éluard "ein Mann ohne jedes Talent", und Friedrich Gundolf beschreibt Karl Kraus als "ausgezeichneten Latrinenreiniger".

Karlheinz Deschner konstatiert bei Ernst Jünger "Brei auf Stelzen", Claire Goll bei James Joyce "Wortmarmelade" und Jürgen Lodemann bei Peter Handke "Intellektuellenkitsch". Für Gräfin Reventlow ist Goethe "eine Sau, die ihre eigenen Perlen mit Füßen tritt", und H. C. Artmann nennt Ingeborg Bachmann "a arrogante Gurkn". Wolfgang Herrndorf schließlich sieht in Martin Walser den "vielleicht senilsten Sack der deutschen Literatur".

"Seniler Sack und Gurkn"

Die Geschichte der Publizistik ist voll von Federkämpfen. Diese durchziehen naturgemäß auch das Verhältnis zwischen Kulturproduzenten und ihren Kritikern. Hildegard Knef formulierte: "Wer sich mit der Kunst verheiratet, bekommt die Kritik zur Schwiegermutter." Und Max Reger antwortete einem Rezensenten: "Ich sitze im kleinsten Raum des Hauses. Ich habe Ihre Kritik vor mir. Bald werde ich sie hinter mir haben."

Legendär ist die Aussage von Robert Neumann über Hans Habe, seinen Nachbarn am Lago Maggiore, mit dem er in einer stabilen Hassliebe verbunden war: "Still ruht der See. Die Luft ist rein. Hans Habe muss ertrunken sein." (Walter Hömberg, 31.7.2018)