Wie oft darf die Polizei jemanden am Rande einer Demo festhalten und darf sie es tun, ohne einen Grund zu nennen? Das wird nun vor Gericht geklärt.

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Wien – Er hätte ja alles erklären wollen, aber wie? "Ich bin ja in jedem zweiten Satz unterbrochen worden", klagt Herr K. Der Polizist, der am 9. September auf dem Wiener Kahlenberg im Einsatz war, damals noch als Revierinspektor, heute hingegen, so betont er, bereits als Bezirksinspektor, sagt Dienstag vormittag vor dem Wiener Verwaltungsgericht aus, und zwar als Zeuge. Bisweilen klingt er, als wäre er das Opfer.

Als solches sieht sich hingegen jener freie Journalist, der dem amtshandelnden Beamten mit seiner interruptiven Rhetorik auf die Nerven ging. Michael B., freier Journalist aus Wien, behauptet, an jenem Septembertag, als die rechtsextreme identitäre Bewegung auf dem Kahlenberg aufmarschierte und B. von Aufmarsch und Gegendemo berichten wollte, in seiner Pressefreiheit eingeschränkt worden zu sein, und zwar von der Wiener Polizei. Er erhob Maßnahmenbeschwerde beim Verwaltungsgericht Wien.

Am späten Nachmittag, so B., habe er sich mit dem Auto auf den Kahlenberg begeben und habe die sich dort sammelnden Demonstranten und Polizisten fotografiert. Dass zwei der von ihm fotografierten Polizisten ihn hernach zur Identitätskontrolle anhielten, habe er als Revancheaktion empfunden – umso mehr, da es bereits die dritte Polizeikontrolle an jenem Nachmittag war.

Der Chef "ist nicht da"

Auf die Frage, was der Grund für die erneute Kontrolle sei, habe der Beamte nur lapidar auf jenen Paragrafen des Sicherheitspolizeigesetzes verwiesen, der Identitätsfeststellungen regelt. Selbst mehrere Nachfragen und Anfragen bei der Polizei-Pressestelle hätten immer nur dieselbe Antwort gebracht: Paragraf 35. Ähnlich frustrierend, so B., sei die Frage nach der Dienstnummer des Beamten gewesen: Fürs Herausgeben der Dienstnummer sei der Einsatzleiter zuständig, so der Polizist, doch der sei "nicht da".

Stimmt nicht, sagt der Polizist: Er wäre ja bereit gewesen, alles zu erklären, hätte B. sich nur "normal und kooperativ" verhalten. Nicht normal erschien B., dass es nach jener Kontrolle nicht nur zu einer weiteren Identitätsfeststellung kam, sondern er auch gehindert wurde, den Aufmarsch zu begleiten – mit dem Hinweis, dass "die Veranstalter das nicht wollen". Um diesen Sachverhalt zu klären, sollen noch zwei weitere Polizeizeugen befragt werden – die Verhandlung wurde vertagt. (Maria Sterkl, 1.8.2018)