Er sieht ein wenig so aus, als hätte er bei einem Casting für die Rolle als Testimonial für den Senn in einer neuen Milka-Kampagne mit- und die Nacht darauf auf Teufel komm raus durchgemacht. Der Rauschebart wuchert wild, die Haare schimmern in künstlichen Lilatönen, gerne trägt er Shirts und Hose in violettem Camouflage-Look. Für die konservativere Zielgruppe albert er aber schon mal in der Lederhose durch ein Musikvideo.

Robert Franz

Franz läuft bei jeder Witterung barfuß, er mimt den Naturburschen durch und durch. Und von der Natur erzählt man Franz nichts, denn schon als Kind im heimatlichen Rumänien streifte er wochenlang durch die Wälder, verrät das curriculum vitae auf seiner Webseite, und das Ganze ohne Furcht vor Wolf und Bär. Letzteren will er uns jetzt hie und da aufbinden, merkt der skeptische Beobachter gleich vorab an. 

Ein Automechaniker mit Hang zum Konjunktiv

Robert Franz ist kein Onkologe, sondern gelernter Automechaniker, aber er erzählt auf seiner Website gerne, ungefragt und im Konjunktiv, was er tun würde (!) wenn er Krebs hätte. Franz würde zuallererst Vitamin D3 zu sich nehmen. Denn ohne dieses Vitamin erneuern sich die Zellen nicht und kommen nicht auf dumme Gedanken und "entarten". Franz würde aber sicherheitshalber nachlegen im Ringen seines Körpers mit seinen entarteten Zellen. Damit diese sich "nicht verstecken" können, muss die Durchblutung passen, dafür würde er zusätzlich Arginin und OPC nehmen. Ein wenig klingt bei der Krebstherapie nach Franz die Geschäftstüchtigkeit einer Kfz-Werkstätte durch, wenn der Meister empfiehlt: "Dann machen wir den Ölwechsel auch gleich".  

Die ganze Natur im Webshop

Franz sagt, dass die Natur alles bereit hält für uns Kranke, um gesund zu werden. Und damit wir uns die Schuhe nicht schmutzig machen beim Sammeln der Naturprodukte hat Franz das alles und viel mehr für uns gesammelt, neu gemischt, in Tablettenform gepresst und in Plastikdöschen gesteckt oder in Flakons abgefüllt. Welchen Joker die Apotheke Gottes auch immer im Talon hat, Franz bietet es wohlfeil in stringent violett gebrandeten Robert-Franz-Läden und in einem recht umfangreichen Webshop mit allerlei Nahrungsergänzungsmitteln. 

Allheilmittel Vitamin D3 und OPC für Hämorrhoiden

Das Vitamin D3 scheint derzeit der große Renner aus der Natur zu sein. Es hilft nicht nur bei Krebs. Franz würde (!) es auch nehmen, wenn er Rückenschmerzen hätte, wenn er Alzheimer hätte (!), wenn er an einer Schuppenflechte leiden würde (!) oder wenn er Probleme mit der Schilddrüse hätte (!).

Bei Hämorrhoiden indes, da würde (!) Franz zu OPC greifen. OPC (Oligomeres Proanthocyanidin) ist ein sekundärer pflanzlicher Stoff, der unter anderem in Traubenkernen zu finden ist. Franz hat sich die Mühe gemacht, die Kerne ordentlich aus- und für uns in kompakte Form zu pressen und wer die Kapseln erwirbt uns brav schluckt, konsumiert die Kraft eines "ganzen Weinbergs samt Sonne".

Bei OPC liebäugelt Franz – seine Karriere hat ihm den Namen "OPC-Franz" eingebracht – gar mir dem Guru-Martyrertum. "Kreuzigt mich, aber gebt den Leuten OPC", sagt Franz, selbstlos wie er ist. 

Die Pharmaindustrie, der Franz den Kampf angesagt hat, jedenfalls zittere ob des Extrakts längst: "Wenn die Leute anfangen OPC zu nehmen, hat die Pharma richtig Pech gehabt ... In dem Moment, wo Du OPC nimmst, wird Dein ganzer Körper gesund."

Experten sagen: Lieber einen Apfel essen als teure Kapseln

Recht unaufgeregt analysiert das Journal "Medizin Transparent" den esoterischen Hype um OPC: "Nicht nur für den gesundheitsfördernden Effekt von Pflanzenstoffen dürfte es besser sein, einen Apfel zu essen als eine Kapsel zu schlucken."  

Hie rund da greift Franz nicht nur in die Apotheke Gottes, sondern auch in dessen Chemiekasten - zum Beispiel, wenn ihn eine Angina quälen würde (!). Da empfehlt er Gurgeln mit dem Desinfektionsmittel Citiricidal. Und wenn die Krankheit auskuriert sei, ließe sich das gute Wässerchen noch als Haushaltsreiniger einsetzen. Das Universalmittel von Franz: für Bad und Body! 

Anzeigen von Apotheker- und Ärztekammer 

Der Konjunktiv bei den rein fiktiven Heilungsanweisungen ist klug gewählt. Denn selbstverständlich ist Franz nur ein Naturbursch mit Hausverstand und zweitens sind Ärzte- und Apothekerkammer schnell verschnupft bei Leuten, die auf den Konjunktiv vergessen, wenn sie verzweifelten Kranken sagen, was sie täten bei Alzheimer, nach Schlaganfällen oder bei Darmkrebs oder gar ein Mittelchen dagegen über den Tresen schieben.

Aber es ist gekommen, wie es kommen musste: Anzeigen wegen Kurpfuscherei von Ärztekammer und Apothekerkammer sind bei der Staatsanwaltschaft eingegangen. Die Ärztekammer hatte sogar ein Detektivbüro engagiert und offenbar Beweise dafür gesammelt, dass Franz hie und da auf den Konjunktiv vergisst oder rezeptpflichtige Medikamente weitergibt.

Franz als Wut-Guru: Wüste Beschimpfungen 

Anstelle uns zu sagen, was er tun würde, wenn er bei einer ungesetzlichen Handlung ertappt wird, verliert Franz ein wenig die Contenance. In einer Videobotschaft an Detektivbüro und Kammern lässt er den Wut-Guru raushängen. Er fragt die Detektive, ob sie denn "keinen mehr hoch bekommen" und richtet deren Auftraggebern in der Apothekerkammer aus, dass er sie "f..." wird. 

Ungemach von allen Seiten. Bereits Anfang des Jahres warnte die Ages (Österreichisch Agentur für Ernährungssicherheit) mit einem Produktrückruf für zwei Produkte aus dem Naturversand – sie seien wegen überhöhter Vitamin-B- und Zinkgehalte als gesundheitsschädlich einzustufen.

Robert Franz

Augentropfen, aber nur für Koboldmakis 

Doch gegen die Spaßbremsen aus Kammern, Medizin und Pharmazie fällt unserem Guru immer noch ein lustiger Seitenhieb ein. Man mag einen Franz drankriegen, weil er etwas vertreibt, was als Medizin für den Menschen verstanden werden könnte: Augentropfen, zum Beispiel. Aber diese Kurve kratzt ein Franz locker. Jetzt vertreibt Franz "Augentropfen für Koboldmakis". Den kleinen, in Südostasien beheimateten Tieren würde (!) Franz, wenn sie denn schlecht sehen, zwei Mal am Tag etwas davon ins Auge träufeln. Es scheint, da wird sich demnächst noch jemand die Augen reiben müssen. (Christian Kreil, 6.8.2018)

Die Bewertung der Stiftung Gurutest:

Esoterikfaktor: ★★☆☆☆
Pseudomedizinfaktor: ★★★★★
Verschwörerfaktor: ★★★☆☆
Rechtsaußenfaktor: ☆☆☆☆☆
Marketinggeniefaktor: ★★★★★

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