Die blaue Farbe der Ruderfußkrebse aus dem tropischen Pazifik haben mehrfachen Nutzen.

Foto: Janina Rahlff

Ruderfußkrebse sind ein wichtiger Bestandteil des Zooplanktons. Die in der Fachwelt als Copepoden bezeichneten Krebstiere kommen in allen Regionen der Weltmeere vor und bilden einen essenziellen Bestandteil der marinen Nahrungskette. Ein internationales Team um Janina Rahlff von der Universität Duisburg-Essen hat nun erstmals tropische Ruderfußkrebse im Oberflächenfilm des Meeres untersucht und ist dabei dahinter gekommen, dass ihre blaue Farbe in diesem Lebensraum zwei wichtige Funktionen erfüllt: Die Pigmente schützen die millimetergroßen Tiere vor starker Sonneneinstrahlung und könnte zudem als Tarnung dienen.

Extremer Lebensraum an der Meeresoberfläche

Unter ruhigen Bedingungen bildet sich an der Grenze zwischen Luft und Meeresoberfläche eine weniger als einen Millimeter dünne, nährstoffreiche Schicht. Eigenschaften wie hohe Temperatur- und Salzgehaltschwankungen sowie starke Sonneneinstrahlung machen diese zu einem extremen Lebensraum. Bislang ist über die Lebewesen in diesem Oberflächenfilm nur wenig bekannt. Biologen untersuchten diesen Lebensraum nun im tropischen Pazifik nordwestlich der Bismarck-See.

Mit Hilfe eines ferngesteuerten Katamarans, dem Sea Surface Scanner (S³), nahmen die Forscher Proben aus der oberen, etwa einen Millimeter dünnen Wasserschicht und aus einem Meter Tiefe. "Überall fanden wir blau gefärbte Ruderfußkrebse aus der Familie der Pontelliden", sagt Rahlff. "In der dünnen Oberflächenschicht waren diese jedoch teils erheblich häufiger als in einem Meter Wassertiefe, selbst unter hoher UV-Einstrahlung". Die kleinen Krebse traten umso häufiger auf, je reicher die Oberflächenschicht an Mikroalgen war – die wesentliche Nahrungsquelle der Tiere.

Blaue Tarnung

Der Ozeanograf Christopher Zappa von der Columbia University, New York, untersuchte zudem mit Hilfe einer neuartigen Drohne die Farbe des von der Meeresoberfläche und von den blauen Copepoden reflektierten Lichts. Dabei zeigte sich: Das blaue Pigment der Kleinkrebse reflektierte vor allem den Bereich des Lichtspektrums, der dem von der Wasseroberfläche rückgestrahlten Licht entsprach. Das bedeutet, dass die Tiere an der Luft-Meer-Grenze nur schlecht erkennbar sind. Die Wissenschafter vermuten, dass die Copepoden so vor Fressfeinden getarnt sind. Außerdem können sich die Krebse durch kurze Sprünge in die Luft möglichen Angreifern entziehen.

Darüber hinaus schützt das blaue Pigment, bestehend aus dem Karotinoid Astaxanthin in Verbindung mit einem Eiweiß, die Tiere offenbar durch anti-oxidative Eigenschaften auch vor der starken UV-Einstrahlung an der Meeresoberfläche. Denn unabhängig von zeitweise sehr hohen UV-Indizes fanden die Forscher bisweilen große Mengen der Ruderfußkrebse in der Oberflächenschicht. Eine erhöhte Sterblichkeit, wie sie zum Beispiel durch größere Mengen leerer Chitinpanzer oder toter Individuen nachweisbar wäre, konnten die Wissenschafter im Gegensatz zu Ergebnissen anderer Publikationen nicht finden.

Außerordentliche Überlebensstrategie

"Pontellide Ruderfußkrebse können in einer einzigartigen Überlebensstrategie den an Nahrungsorganismen reichen, physikalisch stabilen und etwas kühleren Oberflächenfilm in tropischen Ozeanen nutzen", meint Mariana Ribas Ribas, Koautorin der im Fachmagazin "Scientific Reports" erschienen Studie. Anders als die meisten anderen Angehörigen des Zooplanktons ihrer Größenklasse, die von der Oberflächenschicht nicht profitieren könnten, weil sie gut sichtbar seien und der starken UV-Einstrahlung nicht widerstehen könnten, nutzen die Pontelliden dabei wahrscheinlich ihre Pigmentierung und ihre Anpassungsfähigkeit. Die Ergebnisse der Forscher könnten helfen zu verstehen, wie sich die Kleinkrebse an infolge des Klimawandels veränderte Umweltbedingungen in dem Ozeanen anpassen. (red, 1.8.2018)