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Bei Protesten in Simbabwes Hauptstadt Harare gab es am Mittwoch Gewalt.

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Die Polizei ging massiv gegen Demonstranten vor.

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Anhänger der Zanu-PF feiern in Harare.

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Dieser Demonstrant hat sich einen Schutzhelm gebastelt.

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Harare – Die Veröffentlichung der ersten vorläufigen Ergebnisse der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Simbabwe hat zu heftigen Protesten von Oppositionsanhängern in der Hauptstadt Harare geführt. Nachdem die Wahlkommission des südafrikanischen Staates (ZEC) die Resultate der Parlamentswahl mit einem überraschend deutlichen Wahlsieg der Regierungspartei Zanu-PF bekanntgegeben hatte, zogen tausende Oppositionsanhänger mit Steinen und Prügeln ausgestattet vor das ZEC-Gebäude in der Innenstadt Harares.

Hier wurden sie von Wasserwerfern, Tränengas und Gummigeschoßen der Polizei sowie von gepanzerten Fahrzeugen der Armee empfangen. "Die ganze Stadt ist auf den Beinen", sagte ein Augenzeuge dem STANDARD. Offenbar wollten die Demonstranten das Hauptquartier der Kommission stürmen, woran sie gehindert wurden.

Vorwürfe der Manipulation

Dabei gaben die Soldaten auch scharfe Schüsse ab: Ein AFP-Fotograf will zumindest einen auf der Straße liegenden Toten ausgemacht haben, zahllose Demonstranten wurden verwundet. Aktivisten teilten mit, es gebe mindestens vier weitere Todesopfer. Die Polizei sprach am Abend hingegen von insgesamt drei Toten.

Am Donnerstag patrouillierten Soldaten in Harare. Auf den Straßen lag Brandschutt vom Vortag, viele Geschäfte blieben geschlossen. Die Regierung kündigte an, keine weiteren Proteste zuzulassen. "Wir werden keine der Aktionen, die wir heute gesehen haben, tolerieren", sagte Innenminister Obert Mpofu bei einer Pressekonferenz in der Nacht zum Donnerstag. "Möglicherweise hat die Opposition unser Verständnis als schwach interpretiert", sagte der Minister. "Ich denke, sie testen unsere Entschlossenheit", dies sei "ein großer Fehler".

"Lassen uns nicht die Wahlen stehlen"

"Wir lassen uns nicht noch einmal die Wahlen stehlen", rief ein aufgebrachter Demonstrant, bevor er in Tränengasschwaden eingehüllt den Rückzug antreten musste. In einem Tweet forderte Präsident Emmerson Mnangagwa die Bevölkerung zu Ruhe auf. Polizeisprecher Charity Caramba sagte später im Fernsehen, die Leitung seiner Behörde habe die Armee zu Hilfe gerufen, weil man nicht allein mit den Protesten fertiggeworden sei.

Via Twitter machten einander am Abend die beiden Präsidentschaftskandidaten für die Gewalt verantwortlich. Oppositionskandidat Chamisa teilte zudem über einen Sprecher mit, die Regierung sei für "brutale Morde an ihren Bürgern" verantwortlich. Präsident Mnangagwa sah die Schuld bei der Opposition. Diese habe mit Gewalt auf eine Wahlniederlage reagiert, sie müsse ihre "gewaltbereiten Anhänger" von der Straße zurückrufen.

Die oppositionelle Bewegung für demokratischen Wandel (MDC) warf der Wahlkommission unterdessen "massiven Wahlbetrug" vor. Die Partei will ihrerseits über Wahlresultate verfügen, die einen klaren Sieg Chamisas mit 55 Prozent der Stimmen vor Zanu-PF-Chef Mnangagwa (rund 45 Prozent) belegten. Ursprünglich hatte die ZEC am Mittwochmorgen auch die Veröffentlichung der Ergebnisse der Präsidentschaftswahl für den Nachmittag angekündigt, doch der Termin wurde später auf Donnerstag verschoben. Die Opposition sieht diese Verzögerung als weiteren Beweis dafür, dass an den Ergebnissen "gearbeitet" werde.

Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus hat die Regierungspartei nach Angaben der ZEC mehr als 140 der 210 direkt gewählten Abgeordnetensitze errungen. Dagegen sei die MDC auf weniger als die Hälfte der Sitze gekommen: Damit verfügt die Regierungspartei über eine Zweidrittelmehrheit. Vor dem Urnengang am Montag hatten Umfrageinstitute noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Hauptkonkurrenten vorausgesagt. Die Opposition wirft der ZEC bereits seit Wochen die Manipulation zugunsten der Regierungspartei vor: Unter anderem sei das Wählerverzeichnis viel zu spät veröffentlicht worden, hieß es.

EU-Wahlbeobachter vor Ort

Rund 140 Wahlbeobachter der EU, die erstmals seit zwei Jahrzehnten wieder einen simbabwischen Urnengang überwachen konnten, gaben am Mittwoch in einem ersten Kommentar ein zwiespältiges Urteil ab. Die Wahlen seien zwar von einigen "positiven Merkmalen" begleitet gewesen, sagte EU-Missionschef Elmar Brok: Es liegen jedoch auch "ernsthafte Bedenken", wie die "Einseitigkeit" der ZEC, vor. In dem vorläufigen Bericht der Beobachter werden die Einschüchterung von Wählern und das mangelnde Vertrauen der Bevölkerung in den Abstimmungsprozess beklagt. Die EU-Wahlbeobachter wollen sich später noch einmal zum weiteren Verlauf der Abstimmung äußern.

Im Gegensatz zu ihren europäischen Kollegen haben die Beobachter der Afrikanischen Union (AU) und des südafrikanischen Staatenbundes SADC dem bisherigen Verlauf des Urnengangs einen Persilschein ausgestellt. Die Abstimmung sei "friedlich" und "ordentlich" verlaufen und habe "die Tür zu einer weiteren Demokratisierung Simbabwes" geöffnet, hieß es in dem Bericht der SADC-Mission. (Johannes Dieterich aus Harare, 1.8.2018)