Was genau ist passiert?

Facebook gab am Dienstag bekannt, eine Kampagne zur Wahlmanipulation vor den US-Kongresswahlen im November (Midterms) aufgedeckt zu haben. Wegen eines koordinierten Versuchs zur Wahlbeeinflussung wurden 32 gefälschte Profile und Seiten auf Facebook und Instagram geschlossen.

Um welche Seiten geht es genau?

Bei den gesperrten Accounts soll es sich um acht Facebook-Seiten, 17 Profile und sieben Instagram-Profile handeln. Das Älteste wurde im März 2017 erstellt, das Jüngste im Mai 2018. Die meisten Follower hatten die Seiten "Aztlan Warriors", "Black Elevation", "Mindful Being" und "Resisters".

Die Seiten "Black Elevation" und "Mindful Being" hatten besonders viele Fans.
Foto: Facebook Screenshot

Welche Reichweite hatten diese Seiten?

Mehr als 290.000 Accounts folgten Facebook zufolge mindestens einer dieser Seiten. Sie verbreiteten mindestens 9.500 Postings auf Facebook und schalteten 150 Anzeigen für rund 11.000 US-Dollar. Die betreffenden Seiten hätten rund 30 Veranstaltungen seit Mai 2017 erstellt, von denen die größte 4.700 Interessenten und 1.400 zu erwartende Teilnehmer hatte.

Was genau wird ihnen vorgeworfen?

Sie sollen sich an koordinierten Versuchen der Manipulation beteiligt haben, konkret wirft Facebook ihnen vor, das "Verbot von koordiniertem, unauthentischem Verhalten" verletzt zu haben. Über die Profile und Seiten sei gezielt versucht worden, die Kongresswahlen im November zu beeinflussen. Koordinierte Aktivität hätte es etwa um den rechtsextremen Aufmarsch "Unite The Right" oder #AbolishICE gegeben, ein Hashtag, unter dem zur Abschaffung der US-Einwanderungsbehörde Immigration and Customs Enforcement (ICE) aufgefordert wurde. Die mittlerweile geschlossene Seite "Resisters" erstellte etwa eine Protestveranstaltung gegen einen "Unite the Right"-Aufmarsch in Washington.

Eine Protestveranstaltung gegen einen "Unite the Right"-Aufmarsch in Washington wurde von der Seite "Resisters" erstellt.
Foto: Facebook Screenshot

Wie entdeckt Facebook solche Kampagnen?

Facebook hat dank langwieriger Untersuchungen genaue Informationen darüber, welche Konten sich an der Manipulationskampagne zur US-Präsidentschaftswahl beteiligt haben. Diese Accounts waren jetzt wieder aktiv, teilweise gibt es Verbindungen zu den gesperrten Seiten. Zur Identifizierung von Fake-Accounts setzt Facebook auch auf künstliche Intelligenz, um etwa auffällige Aktivitätsmuster festzustellen.

Wer steckt hinter den Angriffen?

Das lässt sich noch nicht genau sagen. Facebook erklärte, dass die Muster der Kampagne, ihre Techniken und Werkzeuge, Ähnlichkeiten zum Vorgehen der sogenannten russischen Trollfabrik Internet Research Agency (IRA) aufweisen – dem Propagandaunternehmen, das bereits den Präsidentschaftswahlkampf 2016 massiv beeinflusst haben soll. Auch Verbindungen zwischen den im vergangenen Jahr geschlossenen IRA-Konten und den aktuell geschlossenen Accounts seien gefunden worden – So soll ein Profil, das der IRA zuzuordnen ist, sieben Minuten lang Ko-Administrator einer nun blockierten Facebook-Seite gewesen sein. Die Beweise seien aber nicht "stark genug, um öffentlich die IRA verantwortlich zu machen", hieß es in einer Stellungnahme von Facebook-Sicherheitschef Alex Stamos.

Was sind die Unterschiede zu den Angriffen im Wahlkampf 2016?

Im aktuellen Fall sind die Betreiber weitaus sorgfältiger vorgegangen und haben ihre Spuren besser verwischt als die IRA im Jahr 2016. Die Accounts nutzten etwa VPN-Netzwerke, die ihre Herkunft verschleierten, Dienste zur Internettelefonie und Drittanbieter, die für sie Werbungen schalteten. Ein weiterer Unterschied zum Wahlkampf 2016: Bei den IRA-Accounts wurden damals auch russischen IP-Adressen entdeckt – obwohl sich diese leicht manipulieren lassen. Bei den jetzt geschlossenen Seiten und Profilen war das laut Facebook nicht der Fall.

Wie reagierten Politiker in den USA auf die Vorwürfe?

Ein Sprecher des Weißen Hauses betonte bereits am Dienstag, dass die Regierung "keinen ausländischen Einfluss" auf die Wahl tolerieren werde. US-Präsident Donald Trump selbst forderte von Justizminister Jeff Sessions die Einstellung der Russland-Ermittlungen.

Die US-Demokraten übten scharfe Kritik und machten Russland verantwortlich. Ausländische Akteure würden "dasselbe Skript wie 2016 benutzen", beklagte Adam Schiff, führender Demokrat im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses. "Sie spalten uns anhand politischer und ideologischer Linien, um unserem demokratischen System zu schaden". Vor den Midterms sei noch viel zu tun. Mark Warner, demokratischer Abgeordneter aus Virginia, zeigte sich "ziemlich überzeugt", dass Russland hinter den Angriffen stecke.

Könnten in Europa ähnliche Manipulationskampagnen drohen?

Ja. EU-Sicherheitskommissar Julian King forderte alle Mitgliedstaaten der Union etwa am Mittwoch auf, "die Bedrohung der demokratischen Prozesse und Institutionen durch Cyberangriffe und Desinformationen ernst zu nehmen". Vor der Europawahl im Mai 2019 müssten "nationale Pläne zur Vorbeugung" erstellt werden.

Wie kann man sich schützen?

Für reguläre User ist es hilfreich, sich vor dem Teilen von Informationen über deren Urheber zu informieren. So kann man Organisationen, die sich auf Facebook präsentieren, etwa auf Google suchen, um festzustellen, ob sie auch in etablierten Medien vorkommen oder sie mit anderen bekannten Institutionen kooperieren. Für Journalisten und Politiker ist es besonders wichtig, Informationen aus dem Netz zu prüfen, bevor sie diese verbreiten und multiplizieren. (Noura Maan, Fabian Schmid, 1.8.2018)