Die Hilfsorganisationen SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen sind mit dem Schiff Aquarius wieder im Mittelmeer unterwegs.

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Tunis/Berlin/Marseille – Nach 22 Tagen auf See ist ein tunesisches Versorgungsschiff mit 40 Migranten am Mittwoch im tunesischen Hafen Zarzis, nahe Djerba, eingetroffen. Die Sarost 5 wurde von Schiffen der Marine Tunesiens in den Hafen begleitet. Die Flüchtlinge waren am 13. Juli mit einem Boot von der libyschen Küste aufgebrochen und schließlich von der Sarost 5 aufgenommen worden. Sie lag zuletzt nur wenige Kilometer von Zarzis entfernt, durfte aber nicht einfahren. Am Mittwoch gaben die tunesischen Behörden grünes Licht für die Einfahrt des Schiffes in den Hafen Zarzis.

Die 40 Migranten sollen in einem Flüchtlingslager 60 Kilometer von Zarzis entfernt untergebracht werden, sie stammen mehrheitlich aus Ägypten, Bangladesh, Kamerun, Senegal, Guinea, Cote d'Ivoire und Sierra Leone. Der Rote Halbmond sei bereit, humanitäre Hilfe zu leisten, sagte ein Sprecher. Die Migranten können sich für die Rückführung in ihre Heimat, für die Stellung eines Asylantrags, oder für den Verbleib in Tunesien entscheiden.

Langer Streit über Aufnahme

Italien, Malta und Tunesien hatten sich wochenlang nicht zuständig gefühlt, die Migranten aufzunehmen. Tunesien betonte, die Rettung habe im Verantwortungsbereich Maltas stattgefunden. Die maltesische Regierung sagte dagegen, eine Ausschiffung müsse am nächstgelegenen sicheren Ort geschehen. Dieser liege in diesem Fall in Tunesien. Der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge handelt es sich um eine der längsten Wartezeiten eines Schiffes mit Flüchtlingen, die je registriert wurde.

Trotz der zunehmenden Spannungen wollen indes die Hilfsorganisationen SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen (MSF) ihre Rettungsaktionen wiederaufnehmen. Das Schiff Aquarius steuerte am Mittwoch aus dem Hafen des südfranzösischen Marseille. Es sei "eines der letzten verbliebenen humanitären Rettungsschiffe" vor der libyschen Küste, teilte SOS Méditerranée in Berlin mit. Es gebe "keine Alternative zur Rettung von Menschen in Seenot", erklärte die Hilfsorganisation. Die Aquarius habe sich den neuen und "ungewissen Bedingungen in der Rettungszone strategisch und technisch angepasst".

Kühlkammer für mögliche Todesopfer

Dazu zähle ein neues Schnellboot. Außerdem seien größere Nahrungsmittelvorräte an Bord, um für erneute Verzögerungen beim Anlaufen eines Hafens gerüstet zu sein. Für den Fall, dass Todesopfer geborgen werden, wurde eine Kühlkammer eingerichtet.

Anfang Juni hatten Malta und Italien die Aquarius mit 630 Flüchtlingen an Bord zurückgewiesen. Die Odyssee des Rettungsschiffs endete erst nach einer Woche im spanischen Hafen von Valencia. Seit dem 29. Juni befand sich die Aquarius zu einem ursprünglich nur für wenige Tage geplanten Wartungsstopp im Hafen von Marseille. SOS Méditerranée hat seit 2016 zusammen mit Ärzte ohne Grenzen mit der Aquarius nach eigenen Angaben mehr als 29.300 Flüchtlinge aus Seenot gerettet.

Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten bei ihrem Gipfel Ende Juni eine Reihe von Beschlüssen zu einer Verschärfung der Migrationspolitik gefasst. Im Juni entschied der italienische Innenminister Matteo Salvini, der der fremdenfeindlichen Partei Lega Nord vorsteht, dass Schiffe von Hilfsorganisationen mit Flüchtlingen an Bord nicht mehr in italienischen Häfen anlegen dürfen. Auch Malta verweigerte wiederholt die Einfahrt von Schiffen mit geretteten Bootsflüchtlingen. (APA, red, 1.8.2018)