Mit dem Sieg seiner Partei Zanu-PF bei den Parlamentswahlen in Simbabwe hat Präsident Emmerson Mnangagwa seine Macht zementiert. Im vergangenen November hatte er mithilfe des Militärs den Langzeitpräsidenten Robert Mugabe nach 37-jähriger Regierungszeit aus dem Amt gehebelt und beerbt. Dies bedeutet zwar einen Generationswechsel – Mnangagwa ist je nach Quellen 71 oder 75 Jahre alt, Mugabe dagegen bereits 94. Was den Führungsstil betrifft, steht Mnangagwa jedoch für politische Kontinuität. Schließlich ist das "Krokodil", wie er genannt wird, ein jahrzehntelanger Weggefährte Mugabes: Er lernte den späteren Staatschef bereits in den frühen 1960er-Jahren kennen, als dieser während seiner Tätigkeit als Lehrer bei der Familie Mnangagwas aufgenommen wurde. Seit der Unabhängigkeit Simbabwes 1980 bekleidete er höchste Regierungsämter. Parteiintern verfügt er mit der sogenannten Lacoste-Fraktion über eine starke Machtbasis.

Emmerson Mnangagwa steht für Kontinuität im autoritär geführten Simbabwe – auch was die präsidiale Anzugmode betrifft.
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Der als Dambudzo Mnangagwa geborene dritte Präsident Simbabwes wuchs in einer Großfamilie zunächst in Südrhodesien auf. Sein Großvater hatte 32 Söhne von sechs Frauen, die Töchter wurden nicht mitgezählt. Seine Eltern Mafidhi und Mhurai Mnangagwa hatten immerhin noch zehn gemeinsame Kinder, dazu kamen acht weitere, die Vater Mafidhi mit Mhurais Schwester hatte. Diese hatte er nach dem Tod des Schwagers sozusagen geerbt. Nachdem Mafidhi mit den Kolonialbehörden in Konflikt geraten war, wurde er nach Nordrhodesien ausgewiesen. Er zog nach Mumbwa, wohin er 1955 die Familie nachholte. In der dortigen Schulbibliothek fand Dambudzo Mnangagwa ein Buch des US-amerikanischen Philosophen Ralph Waldo Emerson. Fortan setzte er "Emmerson" vor seinen Geburtsnamen.

In Mumbwa kreuzten sich auch die Wege des jungen Mnangagwa mit Mugabe. Mnangawa ließ sich für den antikolonialen Kampf begeistern und trat der Zimbabwe African People's Union (Zapu) und deren militärischen Arm Zipra bei. Er legte sich aber rasch mit der Führung an: Wegen Kritik am Zapu-Chef Joshua Nkomo wurde er von einem Guerillatribunal zum Tod verurteilt, wurde aber wegen der Fürsprache anderer Mitglieder verschont. 1963 wurde er mit weiteren Zapu-Mitgliedern zu einem militärischen Training nach Ägypten geschickt. Dort schlossen sich mehrere der Rebellen der Zapu-Abspaltung Zimbabwe African National Union (Zanu) an. Für deren militärischen Arm, die Zimbabwe African National Liberation Army (Zanla), wurde Mnangagwa zu einer mehrmonatigen Ideologie- und Kampfausbildung nach China geschickt. Mit den Kollegen des Trainingslagers bildete er nach seiner Rückkehr die Zanla-Einheit "Crocodile Gang", die sich durch Waffenschmuggel und terroristische Mordanschläge einen zweifelhaften Ruf verschaffte.

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Krokodile sind bekanntlich weich und plüschig.
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Dass unterschiedliche Geburtsdaten Mnangagwas kursieren, denen zufolge er entweder 1942 oder 1946 geboren ist, hat den Grund in seiner Untergrundtätigkeit: Nach einem Bombenanschlag auf einen Zug wurde Mnangagwa Anfang 1965 verhaftet und von den rhodesischen Behörden gefoltert. Er soll an den Beinen aufgehängt und geschlagen worden und seither auf dem linken Ohr taub sein. Er wurde zum Tod verurteilt, doch er erklärte sich für jünger als 21 Jahre – die Altersgrenze für die Vollstreckung der Todesstrafe. Stattdessen erhielt er eine zehnjährige Haftstrafe. Im Gefängnis traf er auf Mugabe und andere Revolutionäre. Mnangagwa absolvierte während der Haft ein Jus-Fernstudium.

Nach der Freilassung wurde er Sicherheitschef der Zanu und stieg zum engsten Mitarbeiter und Bodyguard Mugabes auf. Als solcher nahm er Ende 1979 auch an den Verhandlungen in London teil, bei denen mit dem Lancaster-House-Abkommen die weiße Herrschaft in Rhodesien beendet und das Land als Simbabwe unabhängig wurde.

In der jungen Republik übernahm Mnangagwa als Minister die Sicherheitsagenden und den Geheimdienst. Schon bald brachen die Differenzen zwischen Zapu und Zanu auf, ebenso den nunmehr obsoleten militärischen Organisationen Zipra und Zanla. Bis ins 19. Jahrhundert zurückreichende ethnische Konflikte zwischen Shona und Ndebele bildeten die Grundlage dieses Machtkampfes, der sich in den ersten Jahren Simbabwes in brutaler Gewalt entlud. Während sich die Zanu hauptsächlich aus Shona bestand, rekrutierte die Zapu ihre Mitglieder in den westlichen Regionen der Ndebele, dem Matabeleland. Bei den ersten Wahlen im April 1980 erhielt Zanu 57 Prozent der Stimmen, Mugabe wurde Premierminister. Schon 1980 und 1981 kam es mehrfach zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Kämpfern der Zipra und der neuen simbabwischen Armee. Zanu warf der Zapu Umsturzpläne vor.

"Wir wollen das Krokodil": Unterstützung für Emmerson Mnangagwa in Harare im vergangenen November.
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Bereits im Herbst 1980 hatte Robert Mugabe mit Nordkoreas Staatschef Kim Il-sung die Ausbildung einer simbabwischen Brigade durch die nordkoreanische Armee beschlossen. Diese "Fünfte Brigade" setzte sich aus ehemaligen Zanla-Guerillakämpfern zusammen. Sie unterstand im Gegensatz zu normalen Einheiten direkt dem Büro des Regierungschefs und war nicht in die Armeekommandostrukturen eingegliedert. Ab Jänner 1983 kam die Fünfte Brigade zum Einsatz im Operationsgebiet der Rebellen im Westen. Die als "Gukurahundi" ("Der frühe Regen, der die Spreu wegspült") bekannte Kampagne gegen die Ndebele hatte Dimensionen eines Genozids. Die Opfer wurden in Gruppen erschossen oder in Gebäuden verbrannt, unabhängig davon, ob sie mit den Rebellen zu tun hatten oder nicht. Schätzungen gehen von 20.000 Todesopfern aus. Ende 1987 wurde der Konflikt mit einer Vereinbarung Mugabes mit Zanu-Chef Joshua Nkomo beendet, Zanu und Zapu wurden zwangsweise zu Zanu-PF zusammengeschlossen, Mugabe verkündete eine Amnestie – für ehemalige Aufständische ebenso wie für Mitglieder der Sicherheitskräfte, die an Massakern beteiligt waren.

Aufgearbeitet wurde der Genozid bis heute nicht, doch das Tabuthema holt Mnangagwa nach seiner Machtübernahme nun wieder ein. Schließlich war er zu dem Zeitpunkt der Massaker Sicherheitsminister und Chef des Geheimdienstes CIO – und dieser ging gezielt gegen die politischen Gegner vor. Für Mnangagwa ist Gukurahundi lediglich eine "schwarze Phase" in der Geschichte Simbabwes, er hält die Berichte über die Massaker für übertrieben.

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Emmerson Mnangagwa mit seiner Frau Auxilia bei der Zeremonie der Amtsübernahme im November.
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Selbst in der Zanu-PF wird Mnangagwa besondere Grausamkeit nachgesagt. Zumindest seine Familienmitglieder sind anderer Ansicht. Der neue Präsident hat insgesamt neun Kinder, sechs aus früheren Ehen, drei mit seiner dritten Frau Auxilia. Seiner ältesten Tochter Farai Mlotshwa zufolge soll Mnangagwa ein "Softie" sein, sagte sie in einem Interview mit dem BBC-Radio 4. Und der jüngste Sohn Mnangagwas, der als DJ unter dem Namen Saint Emmo bekannt ist, bezeichnet ihn als guten Vater. Er sage aber nicht viel, und dies mache den Leuten Angst.

Präsidentensohn und DJ: Saint Emmo.
St. Emmo

Mnangagwa selbst pflichtet seinen Kinder bei. In einem Interview erklärte er: "Ich bin weich wie Wolle." (Michael Vosatka, 1.8.2018)