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Hunt (links) lobte das "enorme historische Wissen" Kneissls.

Foto: AP Photo/Ronald Zak

Jeremy Hunt hat Stress. Keine zehn Minuten dauerte das Pressestatement des neuen britischen Außenministers am Mittwoch in Wien, und schon musste er weiter: Termine. Der eigentliche Stresstest steht seiner Regierung freilich noch bevor. In weniger als neun Monaten wird Großbritannien aus der EU austreten, und bis dato fehlt es in puncto eines entsprechenden Abkommens noch bei wesentlichen Themen an Substanz. Die Zeit für eine Lösung, so Hunt und seine Gastgeberin Karin Kneissl (FPÖ) unisono, sei "sehr kurz".

Entsprechend wenig Optimismus versprühte der Konservative dann auch bei seinen Antworten auf Journalistenfragen, ob es sich denn noch ausgehe mit einem pragmatischen "Deal", den Premierministerin Theresa May vor drei Wochen auf dem Landsitz Chequers anvisiert hat: "Es gibt ein wirkliches Risiko einer schmutzigen Scheidung." Er, so Hunt, wolle alles dafür tun, dass Großbritannien nicht unabsichtlich in einen historischen Fehler schlittere. Das Ziel seines Landes seien freundschaftliche Beziehungen zu den Ländern der EU, "etwa so wie zwischen Australien und Neuseeland oder zwischen Österreich und der Schweiz".

"Verschiedenste Szenarien"

Pragmatismus ist auch Kneissls Ziel, wie sie betonte: "Wir bereiten uns aber auf die verschiedensten Szenarien vor." Auch wenn die Union in anderen Fragen, vor allem beim Thema Migration, höchst heterogen auftrete: In Bezug auf den Brexit spreche man mit einer Stimme. Österreich, so Kneissl, wolle Großbritannien ohnehin nicht "bestrafen". Ihr Fokus liege darauf, dass der Brexit "funktioniert". Doch dies brauche Zeit. Möglicherweise mehr Zeit, als Brüssel und London noch bleibt.

Den Abschied von der EU nach hinten zu verschieben, wie mancherorts in London spekuliert wird, ist für Hunt jedoch keine Option. Weder das britische Parlament noch die Bevölkerung würden eine Verzögerung akzeptieren. "Ich bin mir aber nicht sicher, ob ein Deal bis dahin noch möglich ist", hielt der Minister die Erwartungen niedrig. Dass seine Regierung mit derlei Rhetorik bloß Angst schüren wolle, verneinte Hunt erwartungsgemäß. "Es geht nicht um Angst, es geht um die Realität." (Florian Niederndorfer, 1.8.2018)