Pippi Langstrumpf wurde in einer aktuellen Umfrage unter den Vorsitzenden der im Reichstag vertretenen Parteien als wichtigste kulturelle Leitfigur genannt.

Foto: Universal Archives

In einer aktuellen Umfrage nach der wichtigsten kulturellen Leitfigur Schwedens haben die Vorsitzenden aller acht im Reichstag vertretenen Parteien einen Namen angegeben: Pippi Langstrumpf! Von den Linksparteien bis zu den rechten Nationalisten finden alle Pippi toll. "Stark", "selbstständig", "frei", "Gleichstellung der Frau", "sie geht ihren eigenen Weg". Hier macht sich jeder die Welt, widdewidde wie sie ihm gefällt.

Nicht etwa Abba und ihre Scheidungsschlager für die Rüscherldisco haben gewonnen. Auch der Billy, den wir von seinen Spanplattenregalen her kennen, ist es trotz seiner hervorragenden Eignung zur ethischen Lichtfigur nicht geworden. Billy ist unglaublich belastbar; er hält im Zweifel schon einmal die zweite christliche Backe hin. Wie so vieles in Schweden, kann man ihn außerdem problemlos sauber machen, wenn er sich einmal mit Sünde oder banalem Dreck beschmutzt. Wer noch nicht dort war: Schweden ist ein Land, in dem man Fleischbällchen von der Straße isst, vor dem Sex eine notariell beglaubigte Duschabsichtserklärung einreichen muss und die Punkrocker nach Rosenwasser duften. Wenn Billy eines Tages wegen zu viel Büchern stirbt (Lesen ist gefährlich!), ist er am dritten Tage wieder auferstanden von den Toten bei Ikea Wien Nord.

Astrid Lindgrens entscheidender Beitrag zur Geschichte der anarchistischen Revolte gegen die Erwachsenenwelt wurde im Gegensatz zum roten Gift Pippi nicht gewürdigt: Michel aus Lönneberga! Nein, ausgerechnet Pippi Langstrumpf musste es werden. Entgegen aller gegenteiliger Behauptungen ist Pippi ein egoistisches Gfrast. Sie terrorisiert ihre wohlstandsverwahrlosten Freunde Tommy und Annika, quält ihr Äfflein und ihr Pferd sowie die freigeistigen Piraten Blutsvente und Messerjocke. Alles nur wegen ihres Vaters, des "Negerkönigs". Pippi verpiss dich, niemand vermisst dich! Sagen wir es mit dem bayerischen Querdenker Pumuckl: "Der Mensch, der die Signale nicht hört, macht weiter alles ganz verkört." (Christian Schachinger, 2.8.2018)