Genf – Von wegen beschauliches Leben: Pflanzen sind gleich am Anfang ihrer Existenz mit einem beinharten Countdown konfrontiert, berichten Forscher der Universitäten Genf und Neuenburg im Fachmagazin "Current Biology". 48 Stunden bleiben einer Pflanze nach dem Keimen – danach sind die Reserven aus dem Samen aufgebraucht. Am Ende des Countdowns kann sich die Pflanze entweder via Photosynthese selbsttätig ernähren oder sie geht wieder ein.

Das Team um Felix Kessler und Luis Lopez-Molina nahm die Prozesse, die sich am Übergang vom Samen zum Keimling abspielen, genau unter die Lupe. Immerhin geht es für den Pflanzenembryo um eine überlebenswichtige "Entscheidung": Soll er weiterhin sicher verpackt im robusten Samen ruhen, was er über sehr lange Zeiträume tun kann, oder soll das Wagnis eingegangen werden, sich zu einem empfindlichen Keimling zu entwickeln, dem binnen zwei Tagen die Reserven auszugehen drohen?

Zusammenspiel

Schlüsselrollen spielen dabei laut den Forschern ein Pflanzenhormon namens Gibberellinsäure (engl. gibberellic acid, GA) und ein Protein namens TOC159. GA wirkt wie ein Hauptschalter und steuert den Keimungsprozess, weshlab dieses Hormon unter anderem auch im Gartenbau als Keimhilfe eingesetzt wird. Die pflanzeneigene Produktion des Hormons wird im ruhenden Samen unterdrückt und erst für die Keimung angeworfen.

TOC159 wiederum ist essenziell für das Ergrünen: "Tausende verschiedener Proteine müssen in die sich entwickelnden Chloroplasten eingeschleust werden, und dieser Prozess kann nur mit TOC159 stattfinden", sagt Kessler. Dieses Protein ist somit nötig, damit voll funktionsfähige Chloroplasten heranreifen können – also jene Zell-Organellen, die die Photosynthese abwickeln. Ohne TOC159 bleiben die Keimlinge blass und gehen ein.

Dritter Faktor

Solange die GA-Produktion unterdrückt wird, landet das laufend produzierte TOC159 im zelleigenen "Mistkübel" und wird wieder abgebaut, berichten die Wissenschafter. Dabei sorgt ein und dasselbe Protein namens DELLA dafür, dass keine Gibberillinsäure produziert und das TOC159 für die zelluläre Müllabfuhr markiert wird.

Beginnt die Keimung, wird die Bremse durch DELLA gelöst, die Konzentration an GA im Samen steigt. Wie die Forscher herausfanden, blockiert GA dann wiederum den Abbau von TOC159. So kann letzteres dafür sorgen, dass die Chloroplasten heranreifen und das Pflänzchen damit Photosynthese betreiben kann, ehe es zu spät ist. (red, APA, 3. 8. 2018)