Im Duett verspritzte Häme als soziales Bindemittel. Dieses Rezept taugt gerade auch dann, wenn es auf den ersten Blick keine Gemeinsamkeiten gibt. Selbst Hochzeiten, die man als Gast lieber gemieden hätte, lassen sich dank geteilter Abneigung ertragen. Im Gegenzug kann der auf Anhieb unsympathische Sitznachbar dann doch noch gewinnende Seiten entfalten.

Auf der Flucht vor der verabscheuten Hochzeitsgesellschaft: Keanu Reeves und Winona Ryder in "Destination Wedding".
Foto: Filmladen Filmverleih

Auch Frank (Keanu Reeves) und Lindsay (Winona Ryder) teilen nach einer ersten Begegnung, bei der sie sich auf Anhieb in die Haare geraten, zunächst nur das: die Ansicht nämlich, dass Destination Wedding, also das sich über mehrere Tage erstreckende Hochzeitsspektakel, zu dem sie als Gäste eingeladen sind, im Grunde kein Urlaub, sondern eine Zumutung ist. Umso mehr, als sie das Brautpaar durch und durch verabscheuen.

Romantic Comedy

Es ist der Logik der Romantic Comedy geschuldet, dass die beiden einander zunächst zutiefst unsympathischen Hochzeitsgäste über viele Hürden hinweg immer mehr Gefallen aneinander finden werden. So weit, so vorhersehbar. Regisseur Victor Levin hat aus dieser hinreichend bekannten Konstellation eine über weite Strecken sehr vergnügliche Komödie gestrickt.

Das liegt unter anderem daran, dass er seinen Film radikal auf die beiden Hauptfiguren und ihre Darsteller zuspitzt. Die anderen Hochzeitsgäste, die immer nur aus der Distanz zu sehen und so gut wie nie zu hören sind, bleiben ebenso Kulisse im Hintergrund wie der sonnenüberflutete Schauplatz Paso Robles in Südkalifornien.

Englischsprachiger Trailer zu "Destination Wedding".
TRAILER CITY

Dafür erleben wir Frank und Lindsay quasi im Nahkampf. Und das von Anfang an. Die Vorzeichen stehen schon der unterschiedlichen Temperamente wegen auf Abstoßung: Lindsay haucht Pflanzen an, um die Photosynthese anzukurbeln. In ihrem Beruf als Anwältin nimmt sie Unternehmen in die Pflicht, die kulturell unsensibles Verhalten an den Tag legen. "Polizistin für politische Korrektheit" nennt Frank das.

Der desillusionierte Zyniker, der sich seine Brötchen in der Marketingabteilung eines Automagazins verdient, hat die Suche nach verwandten Seelen längst aufgegeben: "Ich glaube, es gibt niemanden für keinen."

Beim Rehearsal-Dinner hat politische Korrektheit einmal Pause. Frank und Lindsay ziehen, provoziert vom zur Schau gestellten Glück der anderen, erstmals gemeinsam so richtig vom Leder. Biografische Verstrickungen werden ebenso zutage gefördert wie ein voller Sack an Neurosen. Am vorzeitigen Ende des Abends ist man sich ein gutes Stück nähergekommen.

Levin inszeniert seine beiden Hauptfiguren in einem fortwährenden Schlagabtausch. Wer an den Dialogwitz von Screwball-Comedys denkt, liegt richtig. Anders aber als bei Genreklassikern wie The Philadelphia Story / Die Nacht vor der Hochzeit fokussiert Destination Wedding aber ganz und gar auf ein Darstellerduo, das allein das Sagen hat.

Deutschsprachiger Trailer zu "Destination Wedding".
KinoCheck

Destination Wedding mag seine Konstruktion, die genauso gut auf einer Theaterbühne funktionieren würde, stellenweise etwas überstrapazieren. Dass die Rechnung meist aufgeht, verdankt sich einem ideal besetzten Hauptdarstellerduo. Keanu Reeves scheint die Rolle des widerborstigen Griesgrams nicht weniger auf den Leib geschrieben als seine Actionrollen (Matrix, John Wick). Und wer würde Winona Ryder nicht die Verkörperung einer quirligen Neurotikerin abnehmen?

Es schadet dem Film natürlich nicht, dass die beiden Stars auch biografische Aspekte einbringen, die ihn mit Selbstreferenzen anreichern. Immerhin ist Reeves nicht nur als Weltenretter, sondern auch für Trübsinn bekannt. Man denke an jenes im Netz geteilte Paparazzifoto, das ihn traurig blickend auf einer Parkbank zeigt. Reeves, Verfasser einer Ode to Happiness, wurde daraufhin ein eigenes Meme ("Sad Keanu") samt einer Kampagne unter dem Titel "Cheer up Keanu" gewidmet.

Winona Ryder (Reality Bites, The Age of Innocence) wiederum machte zeitweilig mehr Schlagzeilen mit Kleptomanie und Angststörungen denn mit ihren Filmen. Nicht zu vergessen eine angebliche Affäre, die Ryder mit niemand anderem als Reeves während der Dreharbeiten zu Rebecca Millers The Private Lives of Pippa Lee (2008) gehabt haben soll. Nach bisher drei gemeinsamen Filmen bringt Destination Wedding somit nicht zuletzt eine Leinwand-Reunion dessen, was gerne als Hollywoodtraumpaar bezeichnet wird.

Lustiger Sex

Erfreulicherweise büßt Destination Wedding seinen bissigen Humor auch dann nicht ein, wenn sich das widerborstige Paar näher und näher kommt. Selten wird man eine in ihrer Lustlosigkeit derart heitere Sexszene zu sehen bekommen, wie wenn Frank und Lindsay nach überstandener Lebensgefahr übereinander herfallen. Mögen die Dialoge bisweilen allzu druckreif wirken, tappt Destination Wedding zumindest an keiner Stelle in die Falle falscher Sentimentalität.

Dass ein gerüttelt Maß an Witz nicht schadet, egal ob es um Beziehungen oder Filme darüber geht, gilt jedenfalls am Ende nicht weniger als am Anfang. (Karl Gedlicka, 3.8.2018)