Großaufnahme der Frauenministerin, direkter Blick in die Linse, freundliches Lächeln, in der Fensterscheibe hinter ihr spiegelt sich der Kameramann: "Liebe Eltern", spricht Juliane Bogner-Strauß ihre Zielgruppe direkt an, "nützen Sie die Family-App!"

17 Sekunden dauert das Werbevideo, das über die Facebook-Seite des Bundeskanzleramts geteilt wurde. Bogner-Strauß wackelt in der Aufnahme mit dem Kopf hin und her, einmal verhaspelt sie sich. Medienprofi ist die politische Quereinsteigerin noch keiner. Auch ihr jüngster Auftritt im ORF-Report fiel etwas hölzern aus, wie selbst türkise Parteifreunde einräumen. Man könnte es auch als übercoacht bezeichnen.

Juliane Bogner-Strauß ist erstmals seit ihrer Angelobung mit Gegenwind konfrontiert.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Es ist das erste Mal seit der Angelobung im Dezember, dass die 46-jährige Steirerin mit den Agenden Frauen, Familie und Jugend stärker präsent ist. Denn während die meisten Minister im Urlaub weilten und das mediale Sommerloch immer größer wurde, sind plötzlich gleich zwei Themen aufgepoppt, die ihr Ressort betreffen: Zuerst begehrten die Länder auf, weil die Bundesgelder für Kinderbetreuung von 140 auf 110 Millionen gekürzt werden sollen, kurz darauf rebellierten die Frauenvereine gegen Mittelstreichungen. Beides ist noch nicht geklärt.

Wenig Geld und Einfluss

Der Social-Media-Clip, in dem Bogner-Strauß die vom Ministerium finanzierte Family-App – eine Plattform, über die Mütter und Väter Kinderbetreuungsangebote finden können – anpreist, kommt im Internet dementsprechend weniger gut an: "Was halten Sie davon, auf eine coole trendy App zu verzichten und stattdessen dafür zu sorgen, dass in ganz Österreich Kindergärten ganzjährig gratis geöffnet sind", schreibt einer. "Ist ja egal, reiche Familien schaffen's auch so", kommentiert ein anderer. Bogner-Strauß hat es derzeit nicht ganz einfach: Sie betreut und verantwortet emotionale Themen – und hat wenig Budget und kaum Einfluss.

Pragmatische Feministin und moderne Konservative

Geboren wurde Juliane Gertrude Bogner-Strauß in eine südsteirische Winzerfamilie. "Damals war die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eigentlich noch kein Thema. Meine Mutter hat das durchwegs geschafft, und zwar ohne Kinderbetreuung", erzählte sie in einem Interview.

In ihrer Verwandtschaft war die Ministerin, die sich als "pragmatische Feministin" und "moderne Konservative" bezeichnet, die erste, die Matura machte. Danach studierte sie Chemie, promovierte, 2013 wurde sie assoziierte Professorin am Institut für Biochemie der Technischen Universität Graz. Eine Politkarriere war alles andere als vorgezeichnet.

Denn als Wissenschafterin genießt Bogner-Strauß bis heute einen ausgezeichneten Ruf. Sie hat beim renommierten Molekularbiologen und Wittgenstein-Preisträger Rudolf Zechner dissertiert. Ihr Spezialgebiet ist der Fettstoffwechsel. In Kollegenkreisen wird sie als "sehr in Ordnung, nett und sehr durchsetzungsfähig" beschrieben. Immerhin habe sie sich im "Männerverein" der TU-Graz durchgesetzt. Sie sei keineswegs introvertiert, sage ihre Meinung "grad heraus". Anzeichen für Interesse an der ÖVP und der Politik? "Niemals", sagen ehemalige Kollegen.

Durchmarsch in die Politik

Der Weg in die Politik scheint tatsächlich ein sehr kurzer gewesen zu sein. In der Steiermark gilt Bogner-Strauß als eine Erfindung des steirischen ÖVP-Chefs und Landeshauptmannes Hermann Schützenhöfer, der im Zuge des Nationalratswahlkampfes auf der Suche nach "jemandem aus der Wissenschaft war". Dabei dürfte er recht zufällig auf die jetzige Ministerin gestoßen sein, denn selbst in Führungskreisen der steirischen Volkspartei weiß kaum jemand, wo Bogner-Strauß plötzlich herkam. Parteimitglied wurde sie im November 2017.

Im Umfeld von ÖVP-Chef Sebastian Kurz wiederum heißt es, dass dieser schon in seiner Zeit als Außenminister auf die Steirerin aufmerksam wurde. In die Präsentation des zweiten Teils seines Wahlprogramms im September war sie bereits involviert. Von da an wurde sie auch immer wieder als potenzielle Ministerin gehandelt – wenn auch in erster Linie für das Wissenschafts- und nicht das Frauenressort.

Die Quereinsteigerin Juliane Bogner-Strauß (zweite von rechts) bei der Angelobung der Regierung im Dezember.
Foto: APA/ROBERT JAEGER

In den ÖVP-Landesparteien, die, seit aus Schwarz Türkis wurde, Einfluss eingebüßt haben, wird Bogner-Strauß nicht gerade als politisches Schwergewicht angesehen. Den aktuellen Streit über die gekürzten Mittel für die Kinderbetreuung sehe man gelassen, sagt ein ÖVPler, der nicht genannt werden will. Denn: "Am Ende machen wir uns das direkt mit Sebastian Kurz aus." Mit anderen Worten: Wenn es ans Eingemachte geht, entscheidet der Chef und nicht seine Ministerin.

Regierungsintern fiel Bogner-Strauß zuletzt erstmals mit Kritik an einem Vorhaben ihres Kollegen Josef Moser auf. Der Justizminister will die Kinder- und Jugendfürsorge in die Hand der Länder geben. Die Familienministerin sieht das kritisch und richtete dem ebenfalls von der ÖVP nominierten Moser aus: "Wir hinterfragen das."

Profilschärfung als Frauenbundchefin

Ihre Durchsetzungskraft könnte bald auch strukturell gestärkt werden. Im November soll sie den ÖVP-Frauenbund übernehmen: "Das wird ihr den Rücken stärken, sie hat dann eine Lobby in ganz Österreich hinter sich", sagt ihre dortige Vorgängerin Dorothea Schittenhelm, die sich mit 64 Jahren nun aus der Politik zurückziehen möchte. Eine einfache Aufgabe sei Frauenpolitik noch nie gewesen, weiß Schittenhelm aus Erfahrung. "Aber es ist mit dieser Regierungskonstellation schon noch schwieriger geworden."

Bogner-Strauß sei schließlich an das aus frauenpolitischer Sicht nicht besonders ambitionierte Regierungsprogramm gebunden, gleichzeitig müsse sie ihre Themen verteidigen. "Das ist schon ein Spagat, den sie da machen muss." Die Baustellen seien seit langem dieselben: Frauenpensionen, Gesundheitsvorsorge und natürlich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Patchwork-Mutter

Damit kennt sich Bogner-Strauß jedenfalls aus. Denn ein modernes Familienbild lebt sie selbst: Ihr Mann hat seinen damals vierjährigen Sohn mit in die Ehe gebracht, zwei Kinder haben sie dann noch gemeinsam bekommen. Sie habe drei Kinder und lebe in einer Patchworkfamilie, sagt Bogner-Strauß – ihr Mann und sie würden "halbe-halbe" machen, bügeln müsse er selbst. Derzeit hat sie Urlaub: Sie ist in der Steiermark, wandern mit der Familie. (Katharina Mittelstaedt, Walter Müller, Günther Oswald, 3.8.2018)