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Marco Polos Testament sah noch anders aus als heutige Urkunden.

Foto: Reuters / Alessandro Bianchi

Wien – "Alle Menschen, die bei einem Notar in Österreich ein Testament errichtet haben, können sich sicher sein, dass dieses Testament auch seine Gültigkeit hat", sagt Andreas Tschugguel von der österreichischen Notariatskammer. Dass sich seit dem Bekanntwerden eines Entscheids des Obersten Gerichtshofes (OGH) Ende Juli vermehrt Anfragen von verunsicherten Mandanten häuften, sei "keineswegs der Fall", betont Tschugguel auf Standard-Nachfrage.

Das Urteil, zu dem der OGH im Zusammenhang mit einem Erbschaftsstreit in Vorarlberg kam, hält fest, dass ein "fremdhändiges Testament formungültig" ist, wenn die Zeugen nicht auf dem Blatt oder den Blättern der Urkunde selbst unterschrieben haben. "Die Anbringung der Unterschriften auf einem zusätzlichen losen und leeren Blatt reicht für die Erfüllung der Formvorschrift nicht aus", heißt es in der Entscheidung wörtlich.

Umstrittener Fall

Beim umstrittenen Testament aus Vorarlberg, das schließlich die Höchstrichter beschäftigte, erklärt Tschugguel, standen die Unterschriften der Zeugen auf einem anderen Blatt als der eigentliche Letzte Wille. Die beiden Blätter seien nicht ausreichend miteinander verbunden gewesen.

"Das ist etwas, das einem Notar nicht passieren würde", so der Experte für Erb-, Familienrecht und Verlassenschaftsverfahren, "die Errichtung von Testamenten und Urkunden überhaupt gehört zu unserem täglichen Kerngeschäft".

Ein gültiges Testament sei als "klare Urkundeneinheit" erkennbar, die Blätter seien alle miteinander verbunden, zusammengenäht und mit einer Stampiglie versehen. "Wir verbinden nicht einfach irgendwelche Blätter mit Büroklammern", sagt Tschugguel, der aber einräumt, dass es "selbstverständlich auch hervorragende Erbrechtler unter den Anwälten" gebe, doch während der Letzte Wille bei Notaren eben Kerngeschäft sei, gebe es bei Anwälten viele, deren Schwerpunkt woanders, etwa im Strafrecht, liege.

Keine Probleme

Das bedeute selbstverständlich nicht, dass das OGH-Urteil von seinen Kollegen nicht ernst genommen werde – wie jede höchstgerichtliche Entscheidung. "Wir haben das natürlich standesintern sehr genau besprochen", sagt Tschugguel, "wir sehen aber wirklich keine Probleme für alte oder künftige Testamente. Aufregung herrsche höchstens in manchen Medien, nicht bei den Mandanten.

Auch aus dem Justizministerium hieß es Anfang der Woche, man sehe keine Gefahr, dass nun "massenweise Testamente ungültig sein könnten". Der Gesetzestext sei klar genug definiert. (Colette M. Schmidt, 4.8.2018)