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Schmelzende Polkappen und der steigende Meeresspiegel sind bereits Realität.

Foto: AP Photo/The Canadian Press, Jonathan Hayward

Die Bundesregierung redet über illegale Migration, ihre Kritiker über das BVT und Kickls Pferde. Europa spricht über den Brexit, die Welt über Trump. Das sind alles wichtige Themen. Aber dieser Tage dürfte es eigentlich nur ein Problem geben, das Menschen, Medien und Politiker bewegt – der Klimawandel. Was vor einigen Jahren noch als düstere Prognosen der Wissenschaft galt, wird derzeit grausame Realität: Rekordhitze, Wassermangel, schmelzende Polkappen und steigende Meeresspiegel. Das Tempo der Veränderungen ist dramatisch, die Auswirkungen auf Millionen von Menschen sind es ebenso.

Die "New York Times" hat vor kurzem in einer aufregenden Recherche gezeigt, wie die Staatengemeinschaft in den 1980er-Jahren nahe dran war, die Erderwärmung politisch in den Griff zu bekommen – und diese Chance dann verpasst hat. Seither sind mehr als 30 Jahre vergangen, und der Ausstoß von Treibhausgasen ist Jahr für Jahr gestiegen. Das Pariser Klimaabkommen hat 2015 kurzzeitig Hoffnung auf einen Kurswechsel erweckt, aber seither ist wieder fast nichts geschehen. Was werden die Menschen im Jahr 2050 über unsere Zeit sagen? "Wie konntet ihr untätig bleiben, obwohl die Katastrophe schon da war?"

Dabei ist die Erderwärmung kein unüberwindliches Problem. Man müsste heute keine Kohle, kein Erdöl oder Erdgas mehr verbrennen; klimaschonende Technologien sind längst vorhanden, auch für die Entwicklungsstaaten. Und Ökonomen wissen, wie man eine ökologische Wende durchsetzt: Man muss fossile Brennstoffe hoch genug besteuern und mit den Erlösen Alternativen fördern. Weltweite CO2-Steuern, unterstützt etwa von Klimazöllen, wären in der Theorie ein Stein der Weisen, der den Planeten retten könnte. Aber politisch ist das alles ganz schwer durchsetzbar.

Kollektives Handeln

Denn der Kampf gegen den Klimawandel erfordert kollektives Handeln. Zwar kann jeder Einzelne einen Beitrag leisten – auf Auto oder Flugreisen verzichten, weniger heizen oder kühlen. Aber das bringt dem Weltklima nichts. Auch einzelne Staaten sind meist machtlos. Nur wenn alle mitmachen, zeigen solche Maßnahmen Wirkung. Doch einem gemeinsamen Vorgehen steht stets die individuelle Versuchung entgegen, sich vor den Kosten zu drücken und andere zahlen zu lassen.

Dieses sogenannte Gefangenendilemma kann nur starke politische Führung überwinden; sie muss positive Anreize schaffen und Trittbrettfahrertum bestrafen. Der Wille dazu fehlt allerdings nicht nur in Donald Trumps Amerika. Die Europäer behandeln den Klimawandel ebenso als Nebenthema – als wäre noch ganz viel Zeit.

Das gilt auch für Österreich. Das Land ist zu klein, um globale CO2-Emissionen zu senken. Aber als EU-Ratsvorsitzender könnte die Regierung Kurz etwas bewegen – indem sie ihre Prioritäten ändert und ihren Slogan "Europa, das schützt" auf eine entschlossene Klimapolitik bezieht. Stattdessen werden hierzulande Autofahrer geschont, Raser gefördert und eine untaugliche Klimastrategie veröffentlicht, die niemandem etwas abverlangt. Dass es die meisten EU-Staaten nicht besser machen, ist kein Trost.

Der UN-Klimagipfel in Polen im Dezember eröffnet wieder eine kleine Chance – vielleicht die letzte. Das Katastrophenjahr 2018 könnte die Staaten dort zusammenschweißen, auch gegen die Trump-Regierung, die mit ihrer Klimawandelskepsis nicht die Mehrheit der Amerikaner vertritt. Es muss etwas geschehen, bevor die Erde verbrennt. (Eric Frey, 3.8.2018)