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Der Höhenrausch, in dem sich die großen globalen Technologieunternehmen wie Apple, Amazon oder Google befinden, hat unter Ökonomen eine Debatte ausgelöst.

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Wien – Der Schriftsteller Mark Twain prägte für die USA am Ende des 19. Jahrhunderts den Begriff "gilded age". Damit beschrieb er die wirtschaftliche und sozialpolitische Realität in den Vereinigten Staaten ab 1870. Die Wirtschaft des Landes war innerhalb von wenigen Jahren dank der Industrialisierung extrem gewachsen. Gekennzeichnet war die Ära von der Dominanz einiger weniger großer Industrie-, Erdöl- und Eisenbahngesellschaften. Es war die Zeit, in der sich Monopole herausbildeten.

Das Wachstum kam einer breiten Bevölkerungsschicht nicht zugute. Erst im 20. Jahrhundert verändern sich die Lebensumstände der Menschen zum Besseren. Geprägt war die Ära zudem von Korruption.

Was das mit der Gegenwart zu tun hat? Der Höhenrausch, in dem sich die großen globalen Technologieunternehmen wie Apple, Amazon oder Google befinden, hat unter Ökonomen eine Debatte darüber ausgelöst, ob ein neues "gilded age" angebrochen ist. Ob also erneut eine kleine Gruppe von Pionierunternehmen den anderen davonzieht, während der gesellschaftliche Fortschritt auf der Strecke bleibt.

Gefahr für den Wettbewerb?

Angetrieben wird die Debatte aktuell von Ökonomen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Der IWF organisierte in den vergangenen Wochen mehrere Konferenzen zu dem Thema, und er hat vor kurzem eine Studie zu der Frage publiziert, ob der Aufstieg von globalen Superstarunternehmen eine Gefahr für den funktionierenden Wettbewerb darstellt.

Angesehen haben sich die IWF-Experten in der Studie, wie sich die Aufschläge entwickelt haben, die Unternehmen verrechnen, wenn sie ein Produkt verkaufen. Der Preis für einen Kühlschrank oder Computer setzt sich aus den Herstellungskosten zusammen. Hinzu kommt ein Aufschlag, der die sonstigen Ausgaben abdecken soll, etwa für Marketing, und in dem auch die Gewinnmarge enthalten ist.

Wie sich diese Aufschläge im Verhältnis zu den Herstellungskosten entwickeln, kann Aufschluss darüber geben, wie stark die Marktdominanz einzelner Konzerne ist. Wenn Konsumenten die Auswahl haben und diese Möglichkeit nutzen, dämpft das den Anstieg der Aufschläge. Wenn Kühlschrank A billiger ist als Kühlschrank B und gleich viel kann, werden Konsumenten A kaufen. Deshalb wird B seine Preise anpassen müssen. Wollen dagegen alle nur Kühlschränke eines Anbieters, dann kann das Unternehmen seine Aufschläge frei bestimmen. Damit lässt sich letztlich der Konzerngewinn spielend steigern.

Ausgewählte Player beherrschen den Markt

Die IWF-Ökonomen haben die Aufschläge auf Waren und Dienstleistungen bei börsennotierten Unternehmen in über 70 Volkswirtschaften analysiert, und zwar für den Zeitraum 1980 bis 2016. Das Ergebnis: Im Vergleich zu den 1980er-Jahren fallen die Aufschläge in Industrieländern heute im Schnitt um 40 Prozent höher aus. Der rasante Anstieg hat vor allem in den vergangenen Jahren stattgefunden. In Entwicklungs- und Schwellenländern betrug diese Zunahme nur fünf Prozent.

Laut dem IWF sind die Aufschläge nicht nur im IT-Sektor gestiegen, nicht nur dort beherrschen einige ausgewählte Player den Markt. Auch in der Pharma-, Öl-, Gas- und Biotechbranche war die Entwicklung ähnlich. Zeigen lässt sich, dass die höheren Aufschläge zunächst mit höheren Investitionen der Unternehmen verbunden waren. Mit der Zeit entkoppelt sich die Entwicklung: Die Unternehmen verrechnen höhere Aufschläge, ohne mehr zu investieren. (szi, 5.8.2018)