Undatierte Aufnahme eines Ju-52-Flugzeugs der Ju-Air in der Luft.

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Ein Blick auf die Absturzstelle der Junkers Ju-52 auf 2450 Metern Seehöhe in den Schweizer Alpen.

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Bern/Wien – Nach dem Flugzeugabsturz in den Schweizer Alpen mit 20 Toten, darunter auch ein Ehepaar mit einem Sohn aus Niederösterreich, wartet auf die Unglücksermittler eine schwierige Aufgabe. Anders als moderne Flugzeuge hatte die 79 Jahre alte Maschine vom Typ Junkers Ju-52 keine Blackbox an Bord.

Zudem gibt es in Bergtälern wie demjenigen im Kanton Graubünden, wo die Maschine am Samstagnachmittag abstürzte, nur wenige Radaraufzeichnungen, wie der Unfallermittler der Sicherheitsuntersuchungsstelle berichtete. Damit gibt es keine technischen Aufzeichnungen zu dem Unglücksflug, die den Experten beim Erkunden der Absturzursache helfen könnten.

Beliebte Rundflüge

Die beiden Piloten sowie die anderen 18 Menschen in der Maschine kamen bei dem Unglück am Samstag ums Leben. Die Oldtimer-Flüge mit der "Tante Ju", wie die Maschine genannt wird, sind in der Schweiz beliebt. Mehr als 14.000 Passagiere hat die Fluggesellschaft Ju-Air in 35 Jahren bei Rundflügen über die Alpen geflogen.

Ju-Air gehört einem Verein von Flugenthusiasten, die seit 35 Jahren ohne tödliche Unfälle touristische Rundflüge anbieten. Er hatte bisher drei Maschinen. Das Unglück ereignete sich am Piz Segnas etwa 100 Kilometer südöstlich von Zürich.

Drei Maschinen waren im Einsatz

Die verunfallte Maschine wurde laut Medieninformation des Betreibers 1939 gebaut und ist bis zum Unfall total 10’187 Stunden geflogen. Die Ju-52 ist ein dreimotoriges Flugzeug, das von den Dreißiger- bis in die Fünfzigerjahre von den Junkerswerken in Deutschland gebaut wurde. Die Schweizerische Luftwaffe betrieb die Ju-52 bis 1981.

Nach deren Ausmusterung entschied sich der Verein der Freunde der Schweizerischen Luftwaffe, drei Maschinen zu übernehmen und mit ihnen Flüge durchzuführen. Die Ju-52 sei wegen ihres hohen Alters technisch streng kontrolliert worden und wurde alle 35 Flugstunden gewartet. Die Tour "Locarno", die die Verunglückten gebucht hatten, kostet fast 1000 Euro.

Spitznamen von deutschen Soldaten

Die Geschichte des Maschinentyps ist turbulent: Der deutsche Ingenieur Hugo Junkers hatte das Flugzeug nie für militärische Zwecke vorgesehen. Sein Ziel war der Aufbau eines friedlichen und grenzüberschreitenden Luftfrachtverkehrs. 1933 stand Junkers den Aufrüstungsplänen der Nationalsozialisten im Wege, sie stellten ihn daher in einem Geheimverfahren vorübergehend unter Hausarrest. Seine Firmen durfte Junkers nicht mehr betreten; kurz darauf starb er.

In der Folge erlangte die Ju-52 im zweiten Weltkrieg traurige Berühmheit. So war sie zum Beispiel an der Bombardierung von Warschau beteiligt. Den Namen "Tante Ju" verdankte das Flugzeug übrigens den deutschen Soldaten, die von dem Transportflugzeug gerettet wurden.

Verein schließt technische Mängel aus

Als Unglücksursachen kommen bei Flugzeugabstürzen in der Regel technische Mängel, menschliches Versagen oder äußere Umstände infrage. Technische Mängel schließt der Verein eigentlich aus: Das Flugzeug sei seit der letzten Wartung ohne jegliche Mängel erst fünf Stunden geflogen. Auch das Alter der Maschine spielt nach Angaben des Flugermittlers keine Rolle. "Wenn sie richtig gewartet wird, kann sie betrieben werden", sagte Daniel Knecht, Sprecher der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle, am Sonntag bei einer Pressekonferenz.

Menschliches Versagen hält man aufseiten des Vereins ebenfalls für unwahrscheinlich, da sowohl der 62-jährige Pilot als auch der 63-jährige Copilot mehr als 30 Jahre Erfahrung bei der Luftwaffe und in der Zivilluftfahrt hatten. Eine Kollision mit Kabeln oder anderen Hindernissen oder Fremdeinwirkung von außen haben die Ermittler auch schon praktisch ausgeschlossen, wie Knecht sagte.

Auch Hitze als Ursache wird untersucht

Bleibt die Hitze. Bei hohen Temperaturen ist die Luft dünner und das Fliegen anspruchsvoller, weil etwa beim Starten oder in den Kurven weniger Leistung zur Verfügung steht, wie Knecht erklärte. Erfahrene Piloten könnten damit aber umgehen. Die Ermittler werden untersuchen, ob das seit Tagen anhaltende Wetter mit seinen hohen Temperaturen eine Rolle spielte. "Wir schließen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts aus", sagte Knecht am Sonntag bei einer Pressekonferenz.

Die Ju-52 des Baujahrs 1939 war am Samstag in 2.540 Metern Höhe an der Westflanke des Piz Segnas abgestürzt. Es ist das schwerste Unglück der Schweizer Luftfahrt seit dem Crossair-Absturz im Jahr 2001. Es gebe keinerlei Hoffnungen mehr, jemanden lebend zu bergen, sagte Andreas Tobler, Gesamteinsatzleiter der Kantonspolizei Graubünden, vor den Medien in Flims. "Den Einsatzkräften bot sich ein trauriges Bild."

Unter den Opfern befinden sich acht Paare und vier Einzelpersonen. Neun Männer und acht Frauen aus den Kantonen Zürich, Thurgau, Luzern, Schwyz, Zug und Waadt sowie die drei Österreicher wurden beim Absturz tödlich verletzt. Dazu kommen drei Besatzungsmitglieder aus den Kantonen Thurgau und Zürich. (APA, 6.8.2018)