Wien – An diesem Punkt fand man sich schon des Öfteren. Eine Sportveranstaltung in einem arabischen Land, israelische Athletinnen werden an der Teilnahme gehindert oder vor Ort diskriminiert, die internationalen Verbände üben sich in Untätigkeit. So geschehen etwa beim Judo Grand Slam in Abu Dhabi 2017. Dort wurde bei Siegerehrungen weder die israelische Hymne gespielt, noch durften die Sportler ihr Länderkürzel auf dem Kampfanzug tragen. Die International Judo Federation übernahm in der Folge die Schreibweise der Veranstalter brav auf ihrer Homepage.

So weit, so schlecht. Aktueller Fall: Der tunesische Schachverband verweigerte einer Teilnehmerin aus Israel, an einer internationalen Meisterschaft teilzunehmen, die 2019 in der Stadt Sousse stattfinden soll. Es handelt sich hierbei um Liel Levitan, sie ist sieben Jahre alt. Im vergangenen Juli hatte das Mädchen aus Haifa die europäische Schulmeisterschaft in ihrer Altersklasse gewonnen. Um den WM-Titel sollte sie nun nicht spielen dürfen, die Tunesier wollten Levitan wie auch anderen Israelis keine Visa ausstellen. Schon 2017 war nach diesem Muster vorgegangen worden, die israelischen Spieler hatten ihre Startplätze aufgeben müssen. Israel und Tunesien unterhalten keine diplomatischen Beziehungen.

Europas Schulschachmeisterin: die siebenjährige Liel Levitan.
ILTV ISRAEL DAILY

Entzug der Vergabe angedroht

Diesmal aber läuft die Sache offenbar anders. Ende Juli gab der Weltschachbund FIDE bekannt, die Tunesier dringlich aufzufordern, sich zu erklären. In einer von der "Jerusalem Post" zitierten E-Mail heißt es, man werde die Veranstalter auffordern, schriftlich zu bestätigen, dass für alle WM-Teilnehmer die Einreiseerlaubnis sichergestellt werden muss. Erst nach Vorliegen einer solchen Versicherung werde FIDE die Vergabe des Turniers an Tunesiens Verband aufrechterhalten.

Nun liegt eine solche Bestätigung offenbar vor, wie das französische Nationale Büro für Beobachtung und Meldung von Antisemitismus (BNVCA) bekanntgab. In einem Brief formuliert Tunesiens Verband, Spieler aus allen Ländern sind zur WM eingeladen – "ohne Ausnahme". Man sei stolz und geehrt, Teilnehmer aus der ganzen Welt zu empfangen, und werde jedem von ihnen Gastfreundschaft angedeihen lassen.

Initiative zeigt Wirkung

Der Initiative vonseiten des FIDE scheint also seine Wirkung getan zu haben. Doch der Weltschachbund stand selbst unter Druck. Die proisraelische Organisation Stand With Us hatte eine Onlinekampagne gestartet, um eine Teilnahmeerlaubnis für das Mädchen Liel zu erwirken. Die Reaktionen waren rege, hunderte Menschen forderten die Tunesier auf, ihre Entscheidung zurückzunehmen. Außerdem hatte Israels Sportministerin Miri Regev die FIDE gedrängt, einen Boykott gegen Levitan nicht zuzulassen.

Gilad Kabilo, bei Stand With US für Öffentlichkeitsarbeit zuständig, sagte gegenüber der "Jerusalem Post", er kenne keinen Fall, in dem Online-Aktivismus einen Weltverband dazu gebracht habe, ein arabisches Land dazu zu drängen, Israelis spielen zu lassen – und daraufhin eine diesbezügliche schriftliche Zusage zu erwirken.

In Tunesien lebten nach Ende des Zweiten Weltkriegs etwa 100.000 Menschen jüdischen Glaubens, heute sind es vielleicht noch 1.500. Nach dem israelischen Sieg im Sechstagekrieg 1967 war es zu staatlich sanktionierter Gewalt gegen sie gekommen, als einzige Option blieb, die Heimat zu verlassen. (Michael Robausch, 6.8.2018)