Kein Wunder, dass man stark gealterten Kutten-Rowdys in Verwahranstalten steckt.

Foto: APA / Axel Heimken

Sage niemand, ein Black-Metal-Fan schiebe eine ruhige Kugel, wenn er nicht mehr jung ist. Es gibt tausend Dinge, die so ein stark tätowierter Satansjünger auch im fortgeschrittenen Alter ohne Reue erledigen kann. Gemeint ist damit ausdrücklich nicht der Genuss der Musik von Bands wie Gorgoroth, Burzum oder Mayhem.

In der Früh schändet der routinierte Freund der Härte gemächlich ein paar Oblaten. Mittags, wenn die Sonne aus ihrem Loch heraufkriecht, wühlt er ein paar Kadaver aus dem Gottesacker. Anschließend empfiehlt sich ein nahrhaftes Kaffeekränzchen mit des Teufels Großmutter. Gereicht werden Molchaugen und natürlich das Blut frisch geschlachteter Jungfrauen.

Abends ist der Tag noch lange nicht vorüber. Nun lassen sich, bequem und reuelos, ein paar Holzkirchen in Brand stecken, in einem Fjord in Norwegen oder an einem Seitenarm der March. Kein Wunder, dass man solche stark gealterten Kutten-Rowdys, die das Licht scheuen wie der Durstige das warme Dosenbier, in Verwahranstalten steckt. Doch der Teufel vergisst nicht auf seine Jünger. Und dann passiert in etwa folgendes Malheur.

Dieser Tage lockte das Heavy-Metal-Festival in Wacken wie jedes Jahr Zehntausende in das bröckelige Erdreich Schleswig-Holsteins. Heuer wurden vor Ort zwei betagte Herren aufgegriffen. Die beiden Zausel hätten laut Polizeiangaben "desorientiert" gewirkt. Vom bösartigen Gekeife der Sänger, vom Geschredder der Gitarren und vom rasenden Klopfen der Doublebass-Drums schienen die Senioren hingegen aufrichtig begeistert.

Die Rekonstruktion des Hergangs förderte Schauerliches zutage. Die Herrschaften hatten sich von ihrem Altenheim in Dithmarsch aus in Richtung Wacken in Bewegung gesetzt, unerlaubt und von der Heimleitung keinesfalls genehmigt. Die Metalliker ohne Ablaufdatum mussten mit sanfter Gewalt aus dem Bannkreis des Gehörnten vertrieben werden. Ein Streifenwagen begleitete die beiden im Taxi heim ins Heim.

Man wird sich weitere Mittel einfallen lassen müssen, um die Gesellschaft wirksam vor solchen steinalten Irrsinnigen zu schützen. Man wird die Rasensprenger vor den Anstaltsfenstern mit Weihwasser befüllen müssen. Und statt bunter Heavy-Metal-Abende setzt es in der Seniorenresidenz von nun an Exorzismen. Noch einmal also hat sich des Beelzebub Anziehungskraft auf unsere ältesten Mitbürger traurig bewiesen. Ein Strohfeuer – Satans letzter, schauriger Triumph. (Ronald Pohl, 7.8.2018)