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Donald Trumps Attacken auf Demokraten, Minderheiten und Medien beschwören die Gefahr von blutigen Krawallen herauf.

Foto: AP Photo/Carolyn Kaster

Wenn man den Auftritt Präsident Trumps vor seinen begeisterten Fans in der Kleinstadt Wilkes-Barre in Pennsylvania am Donnerstag gesehen und seine Rede gehört hat, werden auch die Warnungen vor den Folgen seiner wiederholten Ausfälle gegen Journalisten – sie seien "schreckliche Menschen" und "Feinde des Volkes" – verständlich. Der "New York Times"-Kolumnist Bert Stephens zitierte kürzlich wörtlich einen Drohanruf, in dem gesagt wurde, er werde als "wertloser Feind des amerikanischen Volkes erschossen", und warnte, dass Trumps Wortwahl Gewaltausbrüche nach sich ziehen und der Präsident Blut an seinen Händen haben würde.

Angesichts der Serie von sinnlosen Schießereien könnte sich der Weg von obszönen Beschimpfungen und ausgestrecktem Mittelfinger gegen die bei den Wahlkampfveranstaltungen arbeitenden Journalisten zur blutigen Gewaltanwendung gegen die "Volksfeinde" als gefährlich kurz entpuppen. Trump sagt jetzt, nicht alle Medien seien Volksfeinde, nur jene wie CNN, die "New York Times" und die "Washington Post", die Fake-News verbreiten. Alles ist Fake-News, was Trump als Kritik betrachtet. Die "Washington Post" hat seit seiner Amtsübernahme 4229 falsche oder irreführende Aussagen Trumps gezählt.

Die Szenen bei der Veranstaltung in Wilkes-Barre und eine großangelegte Reportage der "Neuen Zürcher" über die Stimmung in dieser Kleinstadt scheinen die Überzeugung des Präsidenten zu bestätigen, dass seine unablässig wiederholten falschen oder irreführenden Aussagen über die Verschwörung der Medien ihm nützen. Laut einer Umfrage haben nur 14 Prozent der Republikaner Vertrauen in die Presse.

Graben in der Gesellschaft

Die vor den Wahlen stets wachsende Neigung, den Gegner zu dämonisieren, verstärkt den psychologischen Graben in der Gesellschaft. Trumps Attacken auf Demokraten, Minderheiten und Medien beschwören die Gefahr von blutigen Krawallen herauf. Die meisten der republikanischen Politiker, die Trumps Vorgehen in der Außen- und Innenpolitik verabscheuen, schweigen wohl auch wegen des momentanen wirtschaftlichen Aufschwungs. Frömmelnde Demagogen, die sich als flammende Patrioten gebärden, geben den Ton an.

Was man den Medien entnehmen könne, sei nicht das, was wirklich passiere, sagte Trump kürzlich. Laut Duden ist ein Scharlatan ein Schwätzer, Aufschneider und Schwindler. Verzweifelte Beobachter in D.C., aber auch im Ausland fragen, wann es endlich gelingen wird, Trump als Scharlatan zu entlarven.

Der Präsident hatte vor zwei Monaten, nach dem historischen Treffen mit dem Diktator Kim Jong-un in Singapur, das nordkoreanische Problem für faktisch erledigt erklärt. Nun zeigt ein Bericht unabhängiger Fachleute der Vereinten Nationen, dass so gut wie nichts erreicht worden ist. Es werden in Nordkorea weiter Raketen gebaut und die Sanktionen systematisch und erfolgreich umgangen.

Man kann auch dem Verdikt der Pekinger "Volkszeitung" über die jüngsten US-Zollmaßnahmen kaum widersprechen. Trump spiele in einem von ihm selbst sorgfältig inszenierten Betrugsdrama und gefährde die Glaubwürdigkeit der USA. (Paul Lendvai, 6.8.2018)