Wien – "One Belt, One Road." Dahinter verbirgt sich nichts weniger als das weltgrößte Infrastrukturvorhaben, die Wiederbelebung der alten Seidenstraße. China ist nicht nur "Erfinder", es treibt das Projekt mit Hochgeschwindigkeit an, ist quasi mit 140 km/h auf der Seidenstraße unterwegs. Durch den Ausbau von Schienen- und Wasserwegen ("ein Gürtel, eine Straße"), will das Reich der Mitte näher an Europa rücken. Das weckt Hoffnungen und Sorgen.

Hoffnungen bei Wirtschaftstreibenden auf zusätzliches Geschäft, zumal sich der bisher stark importlastige Warenverkehr durch eine wachsende, kaufkräftige Mittelschicht in China bald auch in der Gegenrichtung entwickeln könnte. Es gibt aber auch Sorgen, Peking könnte herauspicken, was dem Land strategisch hilft, und Länder in Europa gegeneinander ausspielen.

Europa soll mitbestimmen

Hoffnungen und Sorgen plagen auch Wolfram Senger-Weiss. Der Geschäftsführer der Gebrüder Weiss GmbH Transport and Logistics ist auch Präsident des Zentralverbands Spedition und Logistik. Als solcher vertritt er die Interessen der gesamten Logistikbranche in Österreich.

"Die Seidenstraße kommt so oder so; die Frage ist nur, ob wir – sprich Europa – mitbestimmen wollen, in welche Richtung es geht oder ob China allein die Akzente setzt", sagte Senger-Weiss dem STANDARD. Noch sei es nicht zu spät, auch wenn China mit der Übernahme des griechischen Hafens Piräus durch ein Staatsunternehmen, die Schaffung eines großen Textilumschagplatzes nahe dem Hafen Marseille oder die Finanzierung des Ausbaus der Bahnstrecke Belgrad-Budapest bereits starke Akzente gesetzt habe und weitere setze. Senger-Weiss: "Der Prozess ist noch gestaltbar."

Initiative des Kanzlers gefragt

Es sei höchst an der Zeit, dass Europa eine Strategie in Sachen "neue Seidenstraße" entwickelt. "Wir sollten gemeinsam definieren, was wir wollen, was unsere Position ist", sagte Senger-Weiss. Sonst bestehe erst recht die Gefahr, dass China Länder in Europa gegeneinander ausspiele. Durch den Ratsvorsitz in der EU komme Österreich in dieser Phase eine Schlüsselrolle zu.

Deshalb hat sich der Zentralverband dieser Tage mit einer Petition an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gewandt, er möge initiativ werden und einen Denkprozess in der EU anstoßen. Zugleich sei dies eine Möglichkeit, auch über die Rolle Österreichs als Drehscheibe im internationalen Warenverkehr nachzudenken. Senger-Weiss: "Unser Interesse sollte es sein, möglichst viel Wertschöpfung im Land zu haben."

Mitarbeit gefordert

Die Ablehnung der Gemeinde Parndorf und des Burgenlands, als möglicher Standort eines Endterminals für die angedachte Verlängerung der Breitspurbahn aus Russland (endet im slowakischen Košice, siehe Grafik) zur Verfügung zu stehen, sei kontraproduktiv. Was sicher nicht funktioniere: Dass die Slowakei den Löwenanteil der Kosten für die Verlängerung der Breitspur trage und Österreich einseitig profitiere. (Günther Strobl, 7.8.2018)