Im Wiener Rathaus muss über den Weiterverkauf der einst gewerkschaftseigenen Wohnbaugesellschaft WBV-GÖD entschieden werden. Kritiker fürchten um die Gemeinnützigkeit.

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Die Fronten sind ziemlich verhärtet im Streit um die Übernahme der gemeinnützigen Wiener Wohnbaugesellschaft WBV-GFW bzw. deren Mutter Gesellschaft zur Förderung des Wohnbaus (GFW) durch den österreichischen Unternehmer Christian Hosp. Demnächst muss die Aufsichtsbehörde der gemeinnützigen Bauvereinigungen, die Wiener Magistratsabteilung (MA) 50, entscheiden, ob der Deal gilt oder nichtig ist – und ihre Entscheidung dann an die Wiener Landesregierung weiterleiten.

Kritiker befürchten, wie berichtet, dass eher früher als später die Gemeinnützigkeit aufgegeben werde und Hosp Kassa machen könnte. Diese Woche wird das Unternehmen, von WBV-GÖD mittlerweile in WBV-GFW umbenannt, seine Stellungnahme zu dieser Frage abgeben; der Revisionsverband der Gemeinnützigen hat das schon getan, ebenso das Finanzamt.

Tojner hat "nur beraten"

Nach beider Rechtsansicht schaut es schlecht aus für den Immobiliendeal Hosps, der ein enger Geschäftsfreund des Wiener Unternehmers Michael Tojner ist. Dass er selbst hinter dem 2015 erfolgten Kauf steht, bestreitet Tojner, er habe Hosp beim Kauf nur "beraten", wie er beteuert.

Kurz zur Einordnung: 2003 hat die GÖD (Gewerkschaft Öffentlicher Dienst) das schwer angeschlagene Unternehmen an Private verkauft. Stefan Gregorich (heute Aufsichtsratschef) und Michael Baumgartner (heute Geschäftsführer) haben dann 2015 mit Zwischenschritten an Hosp verkauft. Und in Tojners Firmenreich sind bereits mehrere ehedem "Gemeinnützige" aufgegangen. 2015 war der heutige Wiener Bürgermeister

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) war zur Zeit des Deals Wohnbaustadtrat.
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Michael Ludwig (SPÖ) Wohnbaustadtrat gewesen.

"Absolut nichtiges" Geschäft

Laut Stellungnahme des für die Gemeinnützigen zuständigen Finanzamts Wien 1/23 vom 12. Juli kann die Landesregierung die Zustimmung zur Übertragung der Geschäftsanteile nicht erteilen. Begründung: Schon der erste Schritt im Verkaufsprozedere (da ging die damalige WBV-GÖD 2015 an die Keystone Holding) sei rechtswidrig. Flapsig gesagt deshalb, weil die übernehmende Gesellschaft mit dem Baugewerbe zu tun hat – und das ist verboten. Die Übertragung der Geschäftsanteile sei daher "absolut nichtig".

Zweiter Untersagungsgrund laut Finanz: Zwischen den Verkäufern (der Linea und der FR Fundus-Real) und der Global Equity Partners rund um Tojner wurde Mitte 2010 ein Optionspreis von 800.000 Euro vereinbart. Dessen Bezahlung verstoße ebenfalls gegen das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG). Das sieht vor, dass der Kaufpreis den Wert der eingezahlten Einlage nicht übersteigen darf, im konkreten Fall waren das sechs Millionen Euro. Die Verkäufer kassierten aber eben 6,8 Millionen Euro.

Bestimmung gegen Versilbern

Auch der Revisionsverband geht davon aus, dass der Verkauf nichtig ist. Auch er beruft sich auf § 9 WGG, wonach Bauvereinigungen nicht unter "überwiegendem" Einfluss von Angehörigen des Baugewerbes stehen dürfen. Dieser Schutzparagraf soll verhindern, dass Interessenkollisionen entstehen, die dazu führen können, dass gemeinnütziges Vermögen abfließt. Zudem sieht auch der Verband einen Verstoß gegen die Kaufpreisbeschränkung.

Hosp selbst sieht die Sache völlig anders. Er denke gar nicht daran, an der Gemeinnützigkeit zu rütteln, sagt er dem STANDARD, er werde weiter geförderte Wohnungen bauen. Und zum Kaufpreis: Der sei mit sechs Millionen Euro korrekt berechnet, zur Optionsprämie könne er nichts weiter sagen.

FPÖ befasst Stadtrechnungshof

Die Wiener FPÖ teilt die Rechtsansicht des Revisionsverbands und der Finanz, sie hat den Stadtrechnungshof eingeschaltet. Er soll insbesondere die Rolle der MA 50 in dem Deal beleuchten.

In der WBV-GFW rechnet man damit, dass die Stadt Wien die Übernahme trotz aller Bedenken durchwinken wird. Allerdings gibt es auch im Unternehmen unterschiedliche Meinungen: Geschäftsführer Baumgartner stemmt sich seit geraumer Zeit gegen den Deal, ihm wurde nun aber ein zweiter Geschäftsführer beigestellt, der auf Linie der Erwerber sein dürfte.

Absicherung der Gemeinnützigkeit

Beim Verband der gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) hält man sich mit einer Kommentierung der aktuellen Geschehnisse zurück; mit der jüngsten Stellungnahme und der darin geäußerten Rechtsansicht einer "absoluten Nichtigkeit" des Deals sei alles gesagt. Obmann Karl Wurm sieht aber erheblichen Handlungsbedarf für die Politik, was die seiner Ansicht nach "wachsenden Begehrlichkeiten" nach gemeinnützigem Vermögen betrifft. "Immer wieder treten Findige auf und versuchen, an gemeinnütziges Vermögen heranzukommen", so der GBV-Obmann zum STANDARD.

Das WGG sei zwar soeben verschärft worden, die neue – rückwirkend geltende – Regelung betraf aber nur Fragen des mittelbaren Anteilserwerbs. Rund um den Entzug der Gemeinnützigkeit gebe es noch einiges klarzustellen – etwa die Rolle der Aufsicht, wann und wie sie eingreifen und welche Sanktionsmöglichkeiten sie haben soll. (Renate Graber, Martin Putschögl, 6.8.2018)