Mohammed bin Salman, MbS genannt, strich sämtliche Flüge aus dem Königreich nach Kanada.

Foto: AFP PHOTO / Saudi Royal Palace / BANDAR AL-JALOUD

Riad/Ottawa – Im Streit mit Kanada hat Saudi-Arabien auch den Flugverkehr in das nordamerikanische Land gestoppt. Die Staatslinie Saudia teilte am Montagabend mit, alle Flüge von und nach Toronto – dem einzigen Zielort in Kanada – seien eingestellt worden.

Schon am Sonntag hatte das Königreich den kanadischen Botschafter ausgewiesen und ein neues Handels- und Investitionsabkommen zwischen beiden Staaten eingefroren. Es reagierte damit auf die Forderung der kanadischen Regierung nach Freilassung inhaftierter Menschenrechtler in Saudi-Arabien, die es als Einmischung in innere Angelegenheiten bewertete. In der Nacht auf Montag war der Streit eskaliert.

Streit eskaliert

Die kanadische Position sei "eine offenkundige und unverhohlene Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Königreichs Saudi-Arabien". Die Formulierung "sofortige Freilassung" in der kanadischen Forderung sei "sehr unglücklich, verwerflich und inakzeptabel in Beziehungen zwischen Staaten", erklärte das Ministerium auf Twitter.

Das kanadische Außenministerium zeigte sich seinerseits am Montag "ernsthaft besorgt" über diese Information. Es werde versuchen, "mehr über die jüngste Erklärung des Königreichs Saudi-Arabien zu erfahren", erklärte eine Ministeriumssprecherin. Kanada werde sich aber auch künftig für den Schutz von Menschenrechten einsetzen.

Festnahme berühmter Aktivistin

Zu den jüngst in Saudi-Arabien festgenommenen Aktivisten zählt auch Samar Badawi, die Schwester des wegen seiner liberalen Äußerungen inhaftierten Bloggers Raif Badawi. Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland hatte sich in der vergangenen Woche "alarmiert" über die Festnahme Samar Badawis gezeigt. Die Frau und Kinder von Raif Badawi leben seit 2013 in Kanada.

In den Wochen zuvor waren bereits mehr als ein Dutzend Frauenrechtsaktivistinnen festgenommen worden, darunter Nassima al-Sadah. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sprach von einer "beispiellosen Unterdrückung der Frauenrechtsbewegung durch die Regierung". Manchen wurde vorgeworfen, die nationale Sicherheit zu untergraben und mit Staatsfeinden zusammenzuarbeiten. Einige wurden seither wieder freigelassen.

Kritik von Menschenrechtsorganisationen

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) forderte am Montag von der internationalen Gemeinschaft, sich für die inhaftierten Aktivisten einzusetzen. Staaten mit beträchtlichem Einfluss in Saudi-Arabien, so wie die USA, Großbritannien und Frankreich, hätten viel zu lange geschwiegen, teilte die Organisation in einer Aussendung mit.

"Es ist Zeit, dass andere Regierungen sich Kanada anschließen und den Druck auf Saudi-Arabien erhöhen, politische Gefangene sofort und bedingungslos freizulassen und die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung im Land zu beenden", erklärte Samah Hadid, Amnesty-International-Beauftragte für den Mittleren Osten.

Modernisierungsprogramm

Ein Sprecher des deutschen Außenministeriums sagte am Montag, die Regierung in Berlin setzte sich "selbstverständlich" überall für Menschenrechte ein – "manchmal öffentlich, manchmal vertraulich". Speziell zur Lage in Saudi-Arabien und zu den Spannungen zwischen Ottawa und Riad wollte er sich nicht äußern.

Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman hat seit seiner Ernennung im vergangenen Jahr ein Modernisierungsprogramm gestartet. Den religiösen Führern im Land sind die Reformen allerdings ein Dorn im Auge. Der Kronprinz setzt zugleich auf eine konfrontative Außenpolitik.

Das harte Vorgehen des Staates in einer Phase der Öffnung erklären Experten damit, dass die Staatsführung die volle Kontrolle über die von ihr angestrengten Reformen behalten will. Saudi-Arabien hatte das Fahrverbot für Frauen im Juni als letztes Land der Erde offiziell aufgehoben. (APA, 7.8.2018)