Erhielt nicht nur viel Geld aus Australien, sondern auch noch das Angebot einer Professur an einer Top-Universität: Hanns-Christoph Nägerl.

Charly Lair

Innsbruck – Was die öffentliche Aufmerksamkeit für Wissenschaft angeht, kann sich Österreich an Australien ein Beispiel nehmen. Anfang 2018 wurde die australische Person des Jahres gewählt, und gewonnen hat Michelle Simmons: eine international angesehene Quantenphysikerin, die nicht einmal in Australien geboren wurde. Etwas Ähnliches wäre für Österreich, wo es im Übrigen auch etliche ähnlich exzellente Quantenphysiker (und natürlich noch viele andere höchstqualifizierte Forscherinnen) gibt, einigermaßen undenkbar.

Angesichts diese australischen Bemühungen, insgesamt noch mehr auf Wissenschaft und im Speziellen auf Quantenphysik zu setzen, wird noch verständlicher, warum Wittgenstein-Preisträger Hanns-Christoph Nägerl kürzlich ein attraktives Angebot aus Australien erhalten hat: Neben einem Ruf an die University of Queensland (im Times Higher Education Ranking der weltbesten Universitäten auf Platz 65) wurde dem Quantenphysiker der Uni Innsbruck jetzt ein Laureate Fellowships des Australischen Forschungsrats in der Höhe von 1,8 Millionen Euro zugesprochen.

Einer von 17 Forschern weltweit

Das vom Australischen Forschungsrat ausgeschriebene Forschungsstipendium wird jedes Jahr an bis zu 17 Wissenschafter aus der ganzen Welt verliehen und soll die auf ihren Forschungsgebieten führenden Persönlichkeiten zu einem Wechsel nach Australien bewegen. Mit dem Stipendium verbunden ist eine Berufungszusage einer australischen Universität. Von Seiten des Australischen Forschungsrats heißt es, die Expertise des aus Deutschland stammenden Physikers würde Australien in die Lage versetzen, mit den Bemühungen anderen Nationen bei der Entwicklung von Quantentechnologien auf Basis von ultrakalten Atomen und Molekülen mitzuhalten.

Molekularer Quantensimulator

Hanns-Christoph Nägerl und sein Team haben in den vergangenen Jahren demonstriert, wie man Quantengase aus Molekülen bei hoher Teilchendichte und niedrigen Temperaturen im Nanokelvin-Bereich erzeugen kann. Nägerl ist nun dabei, molekulare Quantensimulatoren zu realisieren, um direkt im Experiment komplexen Vielteilchenquantenprozessen auf die Spur zu kommen.

Hanns-Christoph Nägerl stellt seine Forschungen im Videoclip vor.
Universität Innsbruck

Diese Prozesse stehen beispielsweise hinter der bisher unerklärten Hochtemperatursupraleitung in Festkörpern, ermöglichen bzw. verhindern den elektronischen Transport in zukünftigen elektronischen Schaltkreisen und sind für die Bildung von neuartigen Supraflüssigkeiten relevant. Mögliche Anwendungen seiner Forschungen liegen in der Präzisionsmesstechnik und der Beantwortung der Frage, ob fundamentale Naturkonstanten wirklich konstant sind.

Tirol versus Queensland

Nägerl, der in Deutschland studierte, bei Rainer Blatt in Innsbruck promovierte und dort seit 2011 Professor ist, wurde zuletzt auch hierzulande "ausgezeichnet gefördert": 2017 erhielt er den Wittgenstein-Preis und einen Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC). Ob der gebürtige Deutsche dennoch dem Ruf nach Australien folgen oder seiner langjährigen Heimat in Innsbruck treu bleiben wird, ist noch offen.

"Dieses Angebot ist eine große Auszeichnung für mich persönlich, und es unterstreicht auch den internationalen Stellenwert, den die Innsbrucker Physik heute weltweit genießt", zeigt sich Hanns-Christoph Nägerl erfreut. "In Tirol bieten sich der Quantenphysik sehr gute Rahmenbedingungen für international konkurrenzfähige Forschung. Ein Wermutstropfen ist die beengte räumliche Situation, die sich seit Jahren immer mehr zuspitzt." (red, 7.8.2018)