Kambodschas Machthaber Hun Sen ließ sich mit umstrittenen Methoden wiederwählen, von FPÖ-"Beobachtern" gab es keine Kritik.

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Der ehemalige FPÖ-Abgeordnete Johannes Hübner war einer von vielen rechten Politikern, die Human Rights Watch als "Zombie-Wahlbeobachter" bezeichnet. Sie würden versuchen, "einer Wahl Legitimation zu verleihen, die keine verdient", sagt Phil Robertson, Asien-Direktor der Menschenrechtsorganisation.

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Axel Kassegger von der FPÖ bezeichnete die Wahl in Kambodscha als "sehr professionell". Seiner Ansicht nach sei alles in Ordnung gewesen.

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Man kennt einander von der Krim: In Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh dürfte es vor rund zwei Wochen zu einigen freudigen Wiedersehen gekommen sein. Denn wieder einmal sind überwiegend rechte bis rechtsextreme Politiker aus ganz Europa angereist, um einer umstrittenen Abstimmung ein positives Zeugnis auszustellen. Mit dabei waren auch zwei FPÖ-Politiker: der Nationalratsabgeordnete und Wirtschaftssprecher Axel Kassegger und der ehemalige Abgeordnete Johannes Hübner. Kassegger bezeichnete den Verlauf der Parlamentswahl als "sehr professionell", seiner Meinung nach sei alles in Ordnung gewesen.

Die EU, Menschenrechtsorganisationen, die Opposition in Kambodscha und auch das Außenministerium, dessen Ministerin von der FPÖ nominiert worden ist, beurteilen das anders: Die Wahl Ende Juli, die Langzeitmachthaber Hun Sen inoffiziellen Ergebnissen zufolge haushoch gewonnen hat, sei unfair, sogar eine "Farce" gewesen. Man kann nicht "von einem fairen und den demokratischen Grundsätzen entsprechenden Wahlgang reden", sagt das Außenamt dem STANDARD.

Oppositionspartei aufgelöst

Hintergrund der Kritik: Die größte Oppositionspartei CNRP, die bei der letzten Wahl noch mehr als 40 Prozent erhalten hatte, stand diesmal nicht zur Wahl. Premier Hun Sen hatte sie wegen des Vorwurfs, einen Umsturz zu planen, auflösen lassen. Oppositionsführer Sam Rainsy musste ins Exil gehen, sein Stellvertreter Kem Sokha wurde inhaftiert. Oppositionsnahe Medien wurden geschlossen, kritische Stimmen vor Gericht gezerrt. Während der Abstimmung sollen Wähler auch durch patrouillierende Soldaten bei den Wahllokalen unter Druck gesetzt worden sein. "Die Wahl ist weder frei noch fair gewesen", sagt Phil Robertson, Asien-Direktor von Human Rights Watch (HRW), zum STANDARD. Mit der "erzwungenen Auflösung der CNRP" sei der Ausgang schon vorab klar gewesen.

Die EU und die USA hatten die Wahl zuvor ebenfalls als nicht rechtmäßig bezeichnet und sich geweigert, Wahlbeobachter zu entsenden. Nach der Wahl kritisierte EU-Sprecherin Maja Kocijančič die "fehlende Glaubwürdigkeit" und bezeichnete die Abstimmung als "nicht repräsentativ für den demokratischen Willen der Wählerschaft Kambodschas". Robertson befürwortet die Entscheidung der EU und der USA: Bei einer solchen Wahl ohne echte Opposition wären Wahlbeobachter "sinnlos" gewesen und "für Propagandazwecke missbraucht" worden.

Jedoch war eine Schar von europäischen Politikern zusammengetrommelt worden, die der Wahl einen Persilschein ausstellen sollten. Neben den Österreichern Hübner und Kassegger – der im Gespräch mit dem STANDARD angab, nur den unmittelbaren Wahlgang im Wahllokal beobachtet und beurteilt zu haben – war Jaroslav Holík dabei. Er ist tschechischer Abgeordneter der Rechtsaußen-Partei SPD und bezeichnete die Wahl als "sehr gut organisiert". Für den britischen Ukip-Abgeordneten Richard Wood war die Abstimmung "frei und fair", Maurizio Marrone von den postfaschistischen Fratelli d'Italia sprach sogar von "gleichen Rechten für alle Parteien". Dem italienischen EU-Abgeordneten Fabrizio Bertot von Berlusconis Forza Italia zufolge herrschte in Kambodscha eine "gute Atmosphäre".

Aus mindestens fünf EU-Staaten waren Vertreter vorrangig EU-kritischer, prorussischer Parteien vor Ort, die an der Wahl allesamt nichts auszusetzen hatten.

Kassegger und Hübner sagten dem STANDARD, sie seien auf Einladung der kambodschanischen Regierung "privat" nach Phnom Penh gereist – das Außenministerium hat von der Reise der zwei Politiker einer Regierungspartei vorab nichts erfahren.

Von italienischen Politikern heißt es, der russische Politologe Oleg Bondarenko habe die Einladungen des kambodschanischen Außenministeriums koordiniert. Bondarenko, Direktor der Stiftung für Progressive Politik, tritt immer wieder in Kreml-nahen Sendern wie "Russia Today" oder "Sputnik" auf. Ein weiterer Name, der in diesem Kontext auftaucht, ist Anton Caragea, der viele der – international nicht anerkannten – Gruppen leitet, die die Wahl beobachteten. Er hatte unter anderem auch schon der Präsidentschaftswahl in Kasachstan 2015 seinen Segen gegeben. Die OSZE hatte damals kritisiert, dass die Wähler in Kasachstan "keine echte Wahl" gehabt hätten.

Größeres Netzwerk

"Einige FPÖ-Mitglieder sind Teil eines größeren Netzwerks von europäischen Politikern, die ihre Dienste autoritären Regierungen und nichtanerkannten Staaten zur Verfügung stellen", sagt der Politologe Anton Shekhovtsov, der sich intensiv mit den Verbindungen zwischen Russland und rechten europäischen Politikern beschäftigt. Die positiven Wahlbeobachtungen dieser Politiker dienen laut Shekhovtsov dazu, "Kritik etablierter Organisationen wie der OSZE zu relativieren". Hübner war etwa im Jahr 2014 mit Johann Gudenus (FPÖ) und zahlreichen anderen europäischen Politikern als "Beobachter" beim von der internationalen Staatengemeinschaft nicht anerkannten Referendum auf der Krim.

Mit solchen "Zombie-Wahlbeobachtern" würde versucht werden, "Legitimation für eine Wahl zu erhalten, die keine verdient", kritisiert Robertson von HRW. "Populisten bekommen einen Luxustrip und ein Foto mit Premier Hun Sen im Gegenzug für das Abnicken eines Wahlergebnisses, das den Tod der Demokratie in Kambodscha markiert. Sie sollten sich schämen." (Fabian Schmid, Noura Maan, 7.8.2018)