Minsk – In Weißrussland hat die Polizei zwei unabhängige Nachrichtenredaktionen durchsucht und drei Journalistinnen festgenommen. Maria Solotowa und Anna Kaltigina von der Online-Nachrichtenseite Tut.by sowie Tatiana Korowenkowa von der Agentur BelaPAN seien am Dienstag in Minsk festgenommen worden, erklärte die Ermittlungsbehörde.

Sie wirft den Journalistinnen vor, auf die Dienste der staatlichen Nachrichtenagentur BelTA zugegriffen zu haben, ohne dafür bezahlt zu haben. Laut Behörde wurde ein Verfahren gegen die drei Beschuldigten wegen "unbefugten Zugangs zu Computerinformationen aus Gründen der persönlichen Bereicherung" eröffnet. Sollten die Journalistinnen schuldig gesprochen werden, drohen ihnen bis zu zwei Jahren Haft.

BelaPAN verfügt nach eigenen Angaben zwar über kein Abonnement für die staatliche Nachrichtenagentur. Allerdings sei diese mit der Nutzung bestimmter Informationen einverstanden gewesen, sofern die Quelle ausgewiesen werde, erklärte die BelaPAN-Chefredaktion gegenüber AFP.

ROG sieht Einschüchterungsversuch

Die Ermittlungen richten sich überdies gegen das Verlagshaus Belorusskaja Nauka. Insgesamt seien in den Jahren 2017 und 2018 mehr als 15.000 unberechtigte Zugriffe auf die Dienste von BelTA erfolgt.

Der Generalsekretär des Europarats, Thorbjörn Jagland, zeigte sich besorgt über die Festnahmen. Ein Sprecher Jaglands rief die weißrussischen Behörden auf, die Journalistinnen freizulassen und die Ermittlungen "schnell und transparent" auszuführen. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) prangerte den Versuch einer "Einschüchterung" von "kritischen Stimmen" an.

Ein Sprecher des weißrussischen Außenministeriums versicherte dagegen, das Verfahren sei "keinesfalls politisch". Die Pressefreiheit werde davon nicht berührt.

In Weißrussland herrscht der autoritäre Staatschef Alexander Lukaschenko seit 1994 mit harter Hand. Auf der diesjährigen Pressefreiheit-Rangliste der Organisation Reporter ohne Grenzen rangiert das Land auf dem 155. von 180 Plätzen.

Erst vergangenen Monat war der regierungskritische Journalist Dmitri Halko zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden. Ihm wurde ein Angriff auf einen Polizeibeamten vorgeworfen. Halko wies die Anschuldigungen zurück und kritisierte den Prozess als politisch motiviert. (APA, 8.8.2018)