Genf/Idlib – Eine erwartete Offensive der syrischen Armee gegen die Rebellenbastion Idlib könnte den Vereinten Nationen (Uno) zufolge zur Flucht Hunderttausender Menschen führen. Im Nordwesten des Landes werde in Kürze eine Zunahme der Kämpfe erwartet, hieß es in einem monatlichen Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Als Folge könnten "250.000 bis 700.000 Menschen in Idlib und den umliegenden Regionen" vertrieben werden. Dies wären deutlich mehr als bei den jüngsten Kämpfen Mitte Juni und Ende Juli im Süden, vor denen 184.000 Menschen flüchteten. Damit werde auch deutlich mehr humanitäre Hilfe benötigt werden.

Wiederholte Warnungen der Uno

Die Uno haben wiederholt vor den Folgen einer Offensive auf Idlib gewarnt, einer der letzten Landesteile, die im syrischen Bürgerkrieg noch von den Rebellen kontrolliert werden. Im Juni erklärte der für die Region zuständige Uno-Koordinator für Humanitäre Hilfe, Panos Moumtzis, die gesamte Bevölkerung von etwa 2,5 Millionen Menschen könnte in Richtung der Grenze zur Türkei vertrieben werden. Zudem wäre eine Schlacht um Idlib komplizierter und brutaler als bisherige in dem seit sieben Jahren anhaltenden Konflikt.

Idlib im Norden Syriens ist neben den Kurdengebieten im Nordosten und türkisch besetzten Gebieten im Nordwesten einer der letzten Rebellenstützpunkte und zählt zu den sogenannten Deeskalationszonen, die im September 2017 bei Verhandlungen zwischen den Alliierten des Assad-Regimes Russland und dem Iran sowie der Türkei festgelegt worden waren. In den vergangenen Jahren sind Zehntausende Rebellen und ihre Angehörigen im Zuge von Vereinbarungen mit der Regierung nach Idlib gebracht worden. In die Region hat sich auch eine große Anzahl ausländischer Kämpfer zurückgezogen.

China erwägt Unterstützung

Syriens Machthaber Bashar al-Assad hatte im vergangenen Monat erklärt, die Region habe für seine Streitkräfte Priorität. Russlands Syrien-Gesandter Alexander Lawrentiew versicherte dagegen, eine Offensive auf Idlib stehe derzeit nicht zur Debatte. China erwägt laut einem Medienbericht, Assads Truppen bei einer etwaigen Militärintervention zu unterstützen.

Die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, die derzeitige Sicherheitslage in Idlib sei bereits äußerst schlecht. Laut der oppositionsnahen Organisation stieg die Zahl der seit Ende April getöteten Einwohner und Kämpfer in den letzten Tagen auf mindestens 267. (APA, Reuters, 8.8.2018)