Lenzing-Vorstandschef Stefan Doboczky fürchtet, dass unter neuen Zöllen die gesamte Industrie leidet.

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Wien – Lenzing ist besorgt wegen des zunehmenden Protektionismus zwischen Nationen. Der Faserhersteller aus Oberösterreich, der gerade eine 250 Millionen Euro schwere Investition in der 200.000-Einwohner-Stadt Mobile im US-Bundesstaat Alabama stemmt, sieht sich davon mittelfristig betroffen, sollte die Politik nicht rechtzeitig einlenken.

"Wir verfolgen die US-Entwicklung mit Argusaugen," sagte Lenzing-Vorstandschef Stefan Doboczky bei der Präsentation der Halbjahreszahlen am Mittwoch. Sollte China als Reaktion auf höhere US-Zölle seinerseits Produkte aus den USA verteuern, wäre Lenzing betroffen. Die in Mobile geplante Produktion von 90.000 Tonnen der Spezialfaser Tencel wollte man auch in China verkaufen.

"Wir werden Warenströme dann umrouten", sagte Doboczky. Statt Tencel aus dem US-Werk nach China zu schicken, würde die Ware nach Pakistan oder Indien gehen. Für China werde man Tencel aus oberösterreichischer Fertigung liefern. Aber auch das habe Grenzen. Doboczky: "Längerfristig leidet die gesamte Industrie unter neuen Zöllen, auch wir."

Zum Standort Mobile ist Lenzing durch Übernahme des Wettbewerbers Corsadi BV (ehemals Teil der britischen Courtaulds plc.) im Jahr 2004 gekommen.

Rückschlag im Halbjahr

Von Jänner bis Juni 2018 musste Lenzing bei Umsatz und Ertrag einen Rückschlag hinnehmen. Während der Umsatz um 6,4 Prozent auf 1,075 Milliarden Euro zurückging, brach der Gewinn kräftiger ein. Das Betriebsergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) verschlechterte sich um 28,1 Prozent auf 194,8 Millionen Euro.

Verantwortlich dafür sei ein Mix von Faktoren, sagten Doboczky und Finanzvorstand Thomas Obendrauf. Dazu gehört der Preiseinbruch bei Standardviskose, die zwar einen schrumpfenden, aber immer noch großen Anteil der Lenzing-Produktpalette ausmacht. Das habe mit Kapazitätsausweitungen zu tun. Heuer und im nächsten Jahr steigt die Menge an produzierter Viskose welt- weit kräftig. Wechselkurseinflüsse (Dollar, Renminbi) hätten sich ebenfalls negativ ausgewirkt, ebenso der Preisanstieg bei Vormaterialien wie Natronlauge. Heuer werde man jedenfalls unter den guten Ergebnissen der beiden Vorjahre zu liegen kommen. (Günther Strobl, 9.8.2018)