Brüssel – Von Wien aus sollen jahrelang alle Aktivitäten des iranischen Ministeriums für Nachrichtenwesen (MOIS) in Europa koordiniert worden sein. Der derzeit in Deutschland als mutmaßlicher Drahtzieher eines vereitelten Anschlags auf Exil-Iraner inhaftierte Assadollah A. sei dabei die zentrale Figur gewesen, sagte Mohammad Mahaddessin vom Nationalen Widerstandsrates des Iran (NWRI) am Mittwoch in Brüssel.

A. soll laut deutscher Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ein in Belgien lebendes Ehepaar mit dem Anschlag auf eine Veranstaltung von iranischen Oppositionellen mit 25.000 Teilnehmern am 30. Juni im französischen Villepinte beauftragt und diesem dafür auch eine Vorrichtung mit 500 Gramm Sprengstoff übergeben haben. Seit 2014 war A. als Dritter Botschaftsrat an der iranischen Botschaft in Wien akkreditiert.

Diplomatenstatus entzogen

Dieses Attentat sei vom höchsten nationalen Sicherheitsgremium im Iran im Jänner 2018 beschlossen worden, so Mahaddessin weiter. Seit es vereitelt worden sei, versuche das iranische Regime, die Auslieferung von A. von Deutschland nach Belgien zu verhindern. Zuvor wollte es A. nach Österreich schaffen, wo er einen Diplomatenstatus hatte.

Aufgrund des Haftbefehls wurde A. der Diplomatenstatus aber mittlerweile vom österreichischen Außenministerium entzogen und der iranische Botschafter ins Außenamt geladen. Der iranische Präsident Hassan Rouhani hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei seinem Besuch in Wien Aufklärung des Falles zugesagt.

Zivilverfahren

Das iranische Regime sei derzeit am Kollabieren, betonte Mahaddessin weiter. Durch das Attentat, das der Opposition selbst in die Schuhe geschoben werden sollen hätte, sollte gezeigt werden, dass das Regime Oppositionelle überall vernichten könne. Überhaupt sei das Regime für über 450 terroristische Attacken außerhalb des eigenen Landes verantwortlich. Der Vorsitzende des außenpolitischen Komitees des NWRI forderte daher die Schließung aller iranischen Botschaften in Europa, "damit das Regime keine Möglichkeiten mehr hat, iranische Oppositionelle zu verfolgen."

Der ehemalige algerische Premierminister Sid Ahmed Ghozali erklärte, er habe sich dem Zivilverfahren gegen drei in Belgien inhaftierte Personen, darunter das belgisch-iranische Ehepaar und ein kürzlich von Frankreich nach Belgien ausgelieferter Iraner, angeschlossen. Den drei wird der Versuch und die Vorbereitung eines terroristischen Attentats vorgeworfen. Ghozali, der bei der Veranstaltung in Villepinte sprechen hätte sollen, betonte, dass bei dem Attentat wohl Hunderte Personen gestorben wären.

Der belgische Anwalt Rik Vanreusel erklärte, dass sich insgesamt 17 zivile Kläger, darunter Parlamentarier aus mehreren Ländern und der ehemalige Anti-Terrorchef der US-geführten Militärkoalition im Irak, Oberst Wesley Martin, dem Verfahren in Antwerpen angeschlossen hätten. Dadurch wäre es nach belgischem Recht möglich, Einsicht in die Anklage zu bekommen und auch die Zulassung weiterer Beweismittel beantragen zu können. Allerdings sei das Verfahren noch "in einem embryonalem Stadium" und werde wahrscheinlich noch ein Jahr dauern. (APA, 8.8.2018)