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Verteidiger Kevin Downing (links) befragt für Paul Manafort (vorn, Dritter von rechts) den Zeugen Rick Gates (rechts).

Foto: AP/Dana Verkouteren

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Die 15.000-Dollar-Straußenlederjacke.

Foto: Reuters/Special Counsel´s office

Vielleicht ist es die Straußenlederjacke um 15.000 Dollar. Als Paul Manafort sie erwarb, wollte er wohl einfach zeigen, dass er sich sündhaft Teures leisten kann, eben als Statussymbol. Er hatte den Olymp der Topverdiener unter den Politikberatern erklommen, war reich geworden durch Geschäfte in der Ukraine. Nun dient ein Foto der Straußenlederjacke als Beweismittel in einem Gerichtsverfahren. Manafort ist auf dem Tiefpunkt angelangt.

Erkennbar um Haltung bemüht, sitzt der 69-Jährige im Saal 901 des Albert V. Bryan Courthouse in Alexandria, 15 Kilometer vom Weißen Haus entfernt. Vor zwei Jahren führte er noch Regie beim republikanischen Wahlparteitag, der Donald Trump zum Kandidaten kürte. Ein Profi, Lobbyist und Publicity-Experte. In Alexandria wird er so gründlich entzaubert, dass sein Ruf für den Rest seines Lebens unter die Räder gekommen sein wird – selbst wenn die Jury der zwölf Geschworenen Milde walten lassen sollte.

Konnex zur Russland-Causa

Der tiefe Fall des Paul Manafort ist ein Spektakel, das Washington, die Welthauptstadt der Lobbyisten, in seinen Bann zieht. Zudem ist es das erste Mal, dass sich aus Trumps Umkreis einer vor Gericht verantworten muss, gegen den Robert Mueller, der Sonderermittler der Russland-Affäre, ermittelt hat.

Seit der Prozess im Juli begann, sind Leute in den Zeugenstand getreten, die einmal Manaforts luxuriösen Lebensstil schilderten, einmal die breite Palette seiner Finanztricks. Ronald Wall, zuständig für Finanzen im House of Bijan in Beverly Hills, laut Eigenwerbung der teuerste Herrenmodeladen der Welt, spricht von einem "sehr guten Kunden". Cynthia Laporta, Manaforts Steuerberaterin, räumt ein, dass sie wissentlich falsche Zahlen verwendete, um Steuern zu hinterziehen – aus Angst vor einem Zerwürfnis mit diesem wichtigen Klienten.

Was die Zeugen in allen Details zeichnen, ist das Bild eines vom Geld Besessenen, der den schillerndsten Reichen nacheifern wollte. Milliardären wie Trump.

Rund 60 Millionen Dollar, dokumentieren Muellers Juristen, scheffelte Manafort von 2010 bis 2014. In der Zeit empfahl er Wiktor Janukowitsch, dem prorussischen Präsidenten der Ukraine Strategien für erfolgreiche Wahlkämpfe. Janukowitsch war Manaforts "goldene Gans". In dem Moment, in dem er nach Russland floh, versiegte die wichtigste Einnahmequelle des Amerikaners.

Rick Gates wiederum war Manaforts Mädchen für alles, seine rechte Hand, sein engster Vertrauter. Der Mann fürs Grobe, der sich selbst bereicherte, indem er Rechnungen fingierte. Es ist ein Spektakel für sich, dass Gates nun der Hauptzeuge der Anklage ist. Während sich Manafort weigerte, mit Mueller zu kooperieren, bekannte er sich schuldig und begann auszupacken. Er hofft auf Strafmilderung. Der heute 46-Jährige flog nach Zypern, um im Auftrag seines Chefs Briefkastenfirmen zu gründen. Firmen, die nur dem Zweck dienten, das Geld, das mit Janukowitsch verbandelte ukrainische Oligarchen an Manafort überwiesen, vor dem Fiskus zu verstecken. Firmen mit Namen wie Leviathan Advisors, Lucille LLC, Paranova, Global Highway, Black Sea View Limited.

15 Schwarzgeldkonten

Allein bei zypriotischen Banken besaß Manafort 15 Konten, je eines für jede Offshore-Gesellschaft. Statt sie auf seiner US-Steuererklärung anzugeben, verschwieg er sie, um sich arm zu rechnen und Steuern zu sparen. Einmal, als ihm seine Steuerlast trotz aller Manipulationen zu hoch erschien, schrieb er eine wütende E-Mail an Gates. "Wie konnte ich nur so überrumpelt werden? Du sagtest mir doch, du hättest alles im Griff." Der Ausweg: Honorare aus Kiew wurden nachträglich zu Darlehen erklärt. Wobei der Trick darin bestand, dass ein Unternehmen aus Manaforts Imperium einem anderen Geld lieh – rein theoretisch, versteht sich.

Ab 2015, Manafort verdiente kaum noch etwas, lief es genau andersrum. Um von US-Banken Kredite zu erhalten, musste er seine Einnahmen nach oben treiben – und Gates hatte den Betrug zu organisieren. Der Gehilfe fabrizierte Verträge, in denen Firma A auf die Rückzahlung eines Darlehens von Firma B verzichtet. Dem Direktor der Federal Savings Bank in Chicago reichten die dubiosen Nachweise, um Manafort in prekärer Lage 16 Millionen Dollar zu leihen. Dafür sollte Steve Calk, so heißt der Mann, mit einem Kabinettsposten belohnt werden – und Gates sollte die Fäden ziehen.

Man müsse Steve Calk als Staatssekretär für die Armee ins Gespräch bringen, schrieb Manafort seinem Adlatus im Spätherbst des Jahres 2016 in einer E-Mail. Daraus wurde zwar nichts, doch erhellend ist dieses Kapitel im Prozess allemal. Ein Blick hinter die Kulissen der Macht, wie ihn das breite Publikum nur selten geboten bekommt. (Frank Herrmann aus Alexandria, 8.8.2018)