Sahra Wagenknecht will es noch einmal wissen.

Foto: APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ

"Es läuft ziemlich viel verkehrt im Moment", sagt Rolf. Seine Rente sei klein. "Urlaub und so, das sind schwierige Probleme." Auch die Gewerkschafterin Susi ist nicht zufrieden: In der Bauwirtschaft gebe es nur noch befristete Verträge. "Sklavenarbeit", meint sie. "Junge Leute wissen gar nicht mehr, was ein richtiger Arbeitsvertrag ist."

So wie ein Lehrer, eine Tierschützerin, ein Pastor oder ein Student haben sie die Hoffnung, dass die neue Bewegung "Aufstehen" etwas ändern könnte. Darum erzählen sie auf der Website in kurzen Videos ihre Geschichte und unterstützen damit die Fraktionschefin der deutschen Linken, Sahra Wagenknecht.

Sie ist der Kopf der neuen Bewegung, deren Name nicht zufällig an "En Marche" des französischen Präsidenten Emmanuel Macron erinnert. Lange hat sie sich gemeinsam mit ihrem Ehemann Oskar Lafontaine auf das Projekt vorbereitet. Dahinter steckt der Traum von einer (wieder)vereinigten Linken in Deutschland.

"Bewegung" statt Partei

Linke, Sozialdemokraten und Grüne will Wagenknecht ansprechen. "Unsere Ziele sind natürlich andere politische Mehrheiten und eine neue Regierung mit sozialer Agenda", sagt sie. "Wir verstehen uns nicht als Partei, sondern als eine Bewegung, die eine inhaltliche Erneuerung der Politik in unserem Land anstrebt", erklärt Lafontaine und zeigt sich zufrieden, dass 48 Stunden nach Freischalten der Website bereits 36.000 Menschen ihre Unterstützung signalisiert haben.

Der Weg zu Veränderungen dürfte aber noch weit sein. Bisher gibt es nur die Website mit den Videos und genau zwei programmatischen Aussagen: "Den Bürgerinnen und Bürgern muss zugehört werden!" Und: "Flaschen sammeln darf keine Lösung sein."

Wagenknecht selbst hat sich zum Start der Kampagne noch einmal in der Asylpolitik positioniert. Sie kritisiert die Ressentiments der rechten AfD, lehnt aber auch "die allgemeine Moral einer grenzenlosen Willkommenskultur" ab. Beim zweiten Punkt liegt sie mit ihrer eigenen Parteispitze über Kreuz. Die Linken-Chefs Katja Kipping und Bernd Riexinger nämlich fordern deutliche Solidarität mit Flüchtlingen.

"Liste Wagenknecht"

Umgekehrt sind Riexinger wie auch Kipping von der Bewegung nicht begeistert, wenngleich Riexinger keine Konkurrenz für die Linke sieht: "Die Initiative richtet sich an die enttäuschten Anhänger der anderen Parteien."

Das sieht man bei Grünen und Sozialdemokraten natürlich anders. Dort gibt es viel Spott für die "Liste Wagenknecht". So giftet Grünen-Chefin Annalena Baerbock: "Ich habe allerdings bis heute nicht verstanden, was der Zweck dieser sogenannten Sammlungsbewegung ist – außer Sahra Wagenknecht in die Medien zu bringen." SPD-Vizechef Ralf Stegner findet zwar eine Alternative in einem Europa, das nach rechts drifte, gut. Aber: "Das geht doch nicht über eine PR-Initiative mit notorischen Separatisten an der Spitze."

An prominenten Unterstützern aus den anderen Parteien mangelt es auch noch. Mitmachen wollen aber die Bundestagsabgeordneten Marco Bülow (SPD) und Sevim Dağdelen (Linke) sowie die ehemalige grüne Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer. (Birgit Baumann aus Berlin, 8.8.2018)