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Der vierzigjährige Marjan Šarec will Sloweniens nächster Regierungschef werden.

Foto: REUTERS / Srdjan Zivulovic

Ljubljana – Der slowenische Anti-Establishment-Politiker Marjan Šarec (40) ist seiner Wahl zum Regierungschef noch einen Schritt näher gerückt. Die Linke hat sich in einer Urabstimmung mit großer Mehrheit für eine Duldung der geplanten Mitte-Links-Minderheitsregierung ausgesprochen. 84 Prozent der Abstimmenden hätten sich für einen entsprechenden Vorschlag ausgesprochen, verlautete am Donnerstag in Ljubljana.

Šarec hatte am Montag seine Kandidatur zum Regierungschef bekanntgegeben. Neben seiner Liste Marjan Šarec (LMS) unterstützen ihn die Sozialdemokraten (SD) die Partei des modernen Zentrums (SMC), die Partei von Alenka Bratušek (SAB) und die Demokratische Pensionistenpartei (DeSUS). Gemeinsam kommen die fünf Parteien auf 43 der 90 Abgeordnetensitze, ihnen fehlen damit drei für die notwendige absolute Mehrheit.

Linke für Nato-Austritt

Die Linke (neun Abgeordnete) will Šarec wählen, wenn die Minderheitsregierung projektbezogen mit ihr zusammenarbeitet und sich insbesondere auch in Budgetfragen abstimmt. Gegen eine formelle Regierungsbeteiligung hat sich die Partei mit dem roten Stern als Logo entschieden, weil die Differenzen in sozial- und wirtschaftspolitischen Fragen, insbesondere aber in der Verteidigungspolitik, zu groß sind. So setzt sich die Linke für ein Nato-Austrittsreferendum ein.

Als betont basisdemokratische Partei hatte die Linke ihre Mitglieder über das Verhältnis zur künftigen Regierung bestimmen lassen. Die von der Parteiführung angesetzte Abstimmung endete am Mittwoch um Mitternacht, am heutigen Donnerstag wurden die Stimmen ausgezählt. Wie die Nachrichtenagentur STA meldete, beteiligten sich 41 Prozent der Mitglieder an der Urabstimmung, davon votierten 84 Prozent für Gespräche über eine projektbezogene Zusammenarbeit mit der Minderheitsregierung.

Šarec wohl einziger Kandidat

Allerdings ist das Partnerschaftsabkommen noch nicht fertig ausverhandelt. Linken-Chef Luka Mesec hatte betont, dass seine Partei Šarec "nicht um jeden Preis" unterstützen werde. Am morgigen Freitag sollen diesbezüglich Verhandlungen stattfinden. Zudem ist auch die formelle Regierungsbeteiligung der Partei von Alenka Bratušek fraglich. Sie will dem Kabinett dem Vernehmen nach nur als stellvertretende Regierungschefin angehören. Sollte ihre Partei diesen Posten nicht bekommen, werde auch sie sich für eine Duldung des Kabinetts entscheiden, das dann nur noch 38 Mandate auf die Waagschale bräche.

Šarec hatte seine Kandidatur am Mittwoch im Parlament eingebracht. Am morgigen Freitag endet offiziell die Bewerbungsfrist. Nachdem der konservative Wahlsieger Janez Jansa den Regierungsbildungsauftrag mangels Erfolgsaussichten ausgeschlagen hat, dürfte Šarec der einzige Kandidat bleiben. Über seine Kandidatur wird am Freitag kommender Woche abgestimmt.

Keiner will für Neuwahlen verantwortlich sein

Scheitert Šarec an der erforderlichen absoluten Mehrheit, kann das Parlament einen weiteren Wahlgang anberaumen, in dem die einfache Mehrheit zur Wahl reicht. Beobachter gehen davon aus, dass Šarec diese Hürde jedenfalls wird nehmen können, weil die Linke ihn dann per Stimmenthaltung passieren lassen wird. Scheitert die Wahl, sind nämlich vorgezogene Neuwahlen die Folge, für die wohl keine der Parteien die politische Verantwortung übernehmen will.

Sollte Šarec gewählt werden, muss er innerhalb von 15 Tagen sein Kabinett präsentieren. Danach führt das Parlament Hearings mit den Ministerkandidaten durch, die voraussichtlich zwischen dem 5. und 7. September stattfinden werden. Die Abstimmung über die Regierung dürfte dann zwischen dem 11. und 14. September stattfinden. Erst dann scheidet die seit März geschäftsführende Regierung dem liberalen Ministerpräsidenten Miro Cerar aus dem Amt. (APA, 9.8.2018)