Sportgeschäftsführer Günter Kreissl: "Der Vorfall lässt mich verzweifelt zurück."

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Linienrichter Fredrik Klyver erlitt durch den Becherwurf in der Schlussphase eine blutende Platzwunde.

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Immerhin, die Zerknirschung war angemessen. Am Boden zerstört präsentierten sich Funktionäre und Spieler von Sturm nach dem um 40 Minuten verspäteten Abpfiff der Qualifikationspartie zur Europa League gegen AEK Larnaka (0:2) am Donnerstagabend. Das Spiel der Grazer wäre schlecht genug für eine Enttäuschung gewesen, der Becherwurf gegen den schwedischen Schiedsrichterassistenten Fredrik Klyver marginalisierte die Analyse der Vorstellung der Truppe von Heiko Vogel gegen den zyprischen Cupsieger allerdings völlig.

Sturms Chancen, das Playoff zur Gruppenphase der Europa League zu erreichen, sind ebenso gering wie jene des LASK nach dem 0:1 bei Besiktas Istanbul. Sie verdanken sich jedoch ausschließlich dem besonnenen schwedischen Hauptschiedsrichter Mohammed Al-Hakim, der wieder anpfiff, nachdem sein Kollege an der Seitenlinie verarztet und klar geworden war, dass dem Bierbecherwurf aus einem Familiensektor der Merkur-Arena wohl kein weiterer folgen würde. Der auf TV-Bildern klar identifizierbare Werfer war am Verlassen des Stadions gehindert, von der Polizei zunächst in Gewahrsam genommen und dann angezeigt worden.

Das wird teuer

"Ich war von der Tribüne in 30 Sekunden am Spielfeld und hätte den Täter am liebsten selber gefasst", sagte Sturms Sportgeschäftsführer Günter Kreissl, der von einem "nicht bezifferbaren Imageschaden" ausgeht. Der bezifferbare Schaden wird bald feststehen. Der europäische Fußballverband (Uefa) pflegt bei derartigen Vorfälle kaum Zurückhaltung. Als Präzedenzfall könnte das Uefa-Cup-Heimspiel des niederländischen Klubs NEC Nijmegen gegen den Hamburger SV im Februar 2009 herhalten. Damals wurde Hauptschiedsrichter Darko Ceferin von einem Wurfgeschoß am Kopf getroffen. Der Slowene brachte die Partie zu Ende. Nijmegen fasste eine Geldstrafe in Höhe von 50.000 Euro aus, eine Stadionsperre für ein Europacupspiel wurde zur Bewährung ausgesetzt. Der AS Roma spielte zwei Europacupheimspiele vor leeren Rängen, nachdem der schwedische Referee Anders Frist die Champions-League-Partie gegen Dynamo Kiew im September 2004 abgebrochen hatte, weil er von einem Wurfgeschoß am Kopf getroffen worden war.

Ein falsches Bild

Sturm will sich am mutmaßlichen Täter zumindest teilweise schadlos halten und kündigt neben einem Stadionverbot und dem Antrag für dessen Ausweitung auf ganz Österreich Regressforderungen an. "Wir haben aber noch keine Präzedenzfälle in Österreich. Es ist die Frage zu stellen, warum sich noch kein anderer Verein durchgesetzt hat. Wir werden es versuchen", sagte Präsident Christian Jauk. Der Becherwerfer habe jedenfalls ein Bild gezeigt, das Sturm nicht entspreche.

Wohl auch nicht dem österreichischen Fußball insgesamt, wie die wie Beantwortung einschlägiger schriftlicher Anfragen seitens des SPÖ-Nationalrats Christian Kovacevic an Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) nahelegt. Demnach habe sich die Gesamtzahl an strafbaren Handlungen in österreichischen Stadien seit 2013/14, als mit 789 ein Höchststand erreicht worden war, zwischen 500 und 700 pro Jahr eingependelt. In der vergangenen Saison 2017/18 lag sie bei 546. In der Datei "Gewalttäter Sport" sind 47 Personen angeführt, Stadionverbote gab es 2017/18 80.

Längst nicht in allen Statistiken liegt Rapid voran. Dass das Gastspiel der Hütteldorfer am Donnerstag bei Slovan Bratislava (1:2) ohne gröbere Wickel abging, lag an der Konsequenz der slowakischen Sicherheitskräfte (vor allem den Slovan-Chaoten gegenüber). Im Rückspiel haben die Rapidler alle Chancen – wie auch Österreichs Sicherheitskräfte. (lü, hag, 10.8.2018)